Neue Ära in Österreich perfekt: Schwarz-Grün kann regieren

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Österreich,

Auf dem Bundeskongress der Grünen in Österreich war oft von «historischer Stunde» die Rede. Am Ende folgten die Delegierten dem Aufruf des Parteichefs - trotz mancher skeptischer Töne.

ÖVP-Chef Sebastian Kurz (l.) und Grünen-Chef Werner Kogler regieren künftig gemeinsam. Foto: Herbert Neubauer/APA/dpa
ÖVP-Chef Sebastian Kurz (l.) und Grünen-Chef Werner Kogler regieren künftig gemeinsam. Foto: Herbert Neubauer/APA/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • In Österreich starten die Grünen mit grossem Rückenwind in ihre erste Bundesregierung.

Ein Bundeskongress der Grünen machte als letzte Instanz überraschend deutlich den Weg für eine Koalition mit der konservativen ÖVP frei. 93,18 Prozent der Delegierten stimmten für das Bündnis.

«Wir sind gewählt worden, um Verantwortung zu übernehmen», hatte Parteichef Werner Kogler in seiner Rede um die Zustimmung der rund 270 Delegierten geworben. «Das, was wir hier leisten, ist Pionierarbeit», sagte Kogler.

Nun kann die neue Regierung bereits am Dienstag vereidigt werden. Sie löst ein für den Übergang installiertes Beamtenkabinett unter Kanzlerin Brigitte Bierlein ab. Kanzler wird erneut der ÖVP-Chef Sebastian Kurz. Kogler wird Vizekanzler. In dem deutlich von der ÖVP dominierten Kabinett stellen die Grünen unter anderem die Umwelt- und die Justizministerin. Erstmals sitzen mehr Frauen als Männer in der österreichischen Regierung.

Kurz erklärte in Interviews, dass bei der Entscheidung für dieses Bündnis die internationale Reputation Östereichs keine Rolle gespielt habe. «Ich bilde keine Koalition für den Rest der Welt, sondern für Österreich. Und ich bilde schon gar keine Koalition für die internationale Presse», sagte Kurz dem «Kurier» (Sonntag). Die vorangegangene Koalition von ÖVP und rechter FPÖ war international mit grossem Argwohn verfolgt worden; das neue Bündnis gilt dagegen als mögliches Modell auch jenseits der Alpenrepublik.

So will die Koalition beim Klimaschutz eine Vorreiterrolle in Europa einnehmen. Österreich soll bis 2040 klimaneutral werden. Die Regierung bekenne sich zu einer systematischen Umsteuerung bei den umweltpolitischen Anreizen, sagte Kogler. Entweder werde es 2022 zu einer CO2-Bepreisung kommen oder zu einer öko-sozialen Steuerreform.

«Es ist vorgesehen und so steht es auch dort», sagte Kogler. Er konterte damit Kritik, dass die Grünen ihre Ziele nicht konsequent genug verfolgten. Eine sofortige Umsetzung sei angesichts der Komplexität des Themas einfach völlig unrealistisch, betonte Kogler.

In seiner leidenschaftlichen, einstündigen Rede ging Kogler auch auf internationale Wahltrends ein. «Es gewinnen neue Konservative, die ähnlich auftreten wie die österreichische ÖVP, und die Grünen», konstatierte Kogler. In Österreich sei es nun gelungen, dass sich die Wahlsieger vom September auf einen Koalitionspakt geeinigt hätten, der bisher ganz verschiedene Themen unter einen Hut bringe. Im mehr als 300-seitigen Koalitionspapier finden sich eine Verteuerung der Flüge mittels einer auf zwölf Euro fixierten Ticketabgabe, das Ziel einer Senkung der Steuern und die Ausweitung des Burkaverbots auf bis zu 14-jährige Mädchen.

Die grüne Vizebürgermeisterin von Wien, Birgit Hebein, sagte: «Wir gehen auch ein Risiko ein. Das wissen wir.» Aber es gebe «eine unglaubliche Chance, dass wir den gesellschaftspolitischen Diskurs in unserem Land wieder positiv verändern», sagte sie mit Blick auf die Zeit der FPÖ-Regierungsbeteiligung. Zu den vordringlichen Zielen der Grünen zähle die Halbierung der Kinderarmut in den nächsten fünf Jahren. Die Innsbrucker Delegierte Monika Vana sagte, ganz Europa schaue nun auf Österreich - «alle die, die dem rechten Vormarsch» etwas entgegensetzen wollten».

Die lebhafte, aber stets faire Debatte mit Dutzenden Rednern war auch geprägt von Zweifeln und Skepsis, ob die Grünen angesichts der deutlichen Handschrift der ÖVP im gemeinsamen Programm eigene Ziele verrieten. Auf Widerstand traf die Grünen-Spitze unter anderem bei Mitgliedern der Grünen Jugend. Der Pakt sei ein «neoliberales Regierungsprogramm», kritisierte beispielsweise Flora Lebloch. Kurz sei ein «autoritärer Machtpolitiker, ein eiskalter Schwindler und ein Blender», warnte sie. Die ÖVP werde vor allem beim Klimaschutz massiv bremsen; sie sei daher gegen den Pakt.

Der politische Höhenflug der österreichischen Grünen ist besonders bemerkenswert. 2017 waren sie noch an der Vier-Prozent-Hürde gescheitert und aus dem Parlament geflogen. Das Zerbrechen der ÖVP-FPÖ-Koalition an der Ibiza-Affäre im Mai 2019 und das Ausrufen von Neuwahlen schuf die Chance einer vorzeitigen Rückkehr in den Nationalrat. Im September erhielten die Grünen schliesslich 13,9 Prozent der Stimmen. Auch die ÖVP legte unter Kurz erneut zu und kletterte auf 37,5 Prozent.

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