Osman Kavala: Prozess gegen Kulturförderer in der Türkei fortgesetzt
Seit mehr als vier Jahren sitzt Osman Kavala ohne Urteil im Gefängnis. Der Gerichtsprozess um ihn wurde am Freitag in der Türkei fortgesetzt.
Das Wichtigste in Kürze
- Osman Kavala sitzt wegen Anschuldigungen der türkischen Staatsanwaltschaft in Haft.
- Jetzt wird in der Türkei der Gerichtsprozess fortgeführt.
- Im Falle einer Verurteilung droht ihm eine lebenslange Haftstrafe.
Nach der Inhaftierung des Kulturförderers Osman Kavala in der Türkei ist am Freitag dessen Gerichtsprozess fortgesetzt worden. Die lange Inhaftierung mündete in einem diplomatischen Eklat.
Sein Anwalt Tolga Aytore sagte der Nachrichtenagentur AFP, Kavala habe darum gebeten, nicht an der Anhörung teilnehmen zu müssen. Da es kein «fairer Prozess» sei, halte er es für «sinnlos, an den kommenden Anhörungen teilzunehmen», erklärte Osman Kavala demnach.
Er soll 2013 die Gezi-Proteste gegen die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan finanziert haben. Auch bei den Putschversuchen 2016 soll er eine Rolle gespielt haben. Dies sind die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft gegenüber dem 64-jährigen Verleger.
Ausserdem ist er der Spionage angeklagt. Im Falle einer Verurteilung droht ihm eine lebenslange Haftstrafe.
Ehefrau von Osman Kavala anwesend
Anstelle Kavalas war seine Ehefrau Ayse Bugra, eine renommierte Akademikerin, im Gerichtssaal anwesend. Auch mehrere Botschafter und Abgeordnete der Opposition verfolgten die Anhörung vor Ort. Unter den Diplomaten waren auch einige jener, denen Erdogan vergangenen Monat noch mit der Ausweisung gedroht hatte.
Im Oktober hatten die Botschafter von zehn westlichen Verbündeten der Türkei, darunter die USA und Deutschland, Erdogan aufgefordert, Kavala freizulassen. Kavala sitzt seit mehr als vier Jahren ohne Urteil im Gefängnis. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte bereits 2019 seine Freilassung angeordnet. Erdogan wies jedoch jegliche ausländische Einmischung in dem Fall zurück.
Die Menschenrechtskommission des Europarats, zu dem der EGMR gehört, hatte der Türkei bereits mit einem Vertragsverletzungsverfahren gedroht. Dieses könnte Anfang Dezember eingeleitet werden, wenn die nächste Sitzung des Gremiums endet.
Die Türkei-Expertin Emma Sinclair-Webb von der Menschenrechtsgruppe Human Rights Watch sprach mit der AFP. Sie meinte, dieser Schritt würde eine «sich vertiefende Krise auf der Ebene des Europarats bedeuten». Sie bezeichnete das Gerichtsverfahren gegen Kavala als «Scheinprozess» und rief das Gericht auf, den 64-Jährigen freizulassen.