Österreichs Ex-Kanzler Sebastian Kurz wegen Falschaussage verurteilt
Das Landgericht Wien hat Österreichs Ex-Kanzler Sebastian Kurz wegen Falschaussage zu einer Bewährungsstrafe von acht Monaten verurteilt.
Das Wichtigste in Kürze
- Österreichs Ex-Kanzler Sebastian Kurz ist wegen Falschaussage verurteilt worden.
- Das Landesgericht Wien verhängte eine Bewährungsstrafe von acht Monaten.
- Mit der Inseraten-Affäre droht dem früheren Kanzler Kurz noch ein weiteres Verfahren.
Österreichs Ex-Kanzler Sebastian Kurz ist wegen Falschaussage zu einer Bewährungsstrafe von acht Monaten verurteilt worden. Das Landgericht Wien sah es in seinem Urteil am Freitag als erwiesen an, dass Kurz bei der Berufung des Aufsichtsrats der Staatsholding Öbag einen grösseren Einfluss ausgeübt hatte, als er vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss eingeräumt hatte. Die Öbag managt die Beteiligungen des Staates an diversen Unternehmen.
Kurz hatte vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss 2020 gesagt, dass er über die Vorgänge informiert gewesen sei, aber nicht aktiv eingegriffen habe. Im Fall der Bestellung seines damaligen Kurz-Vertrauten Thomas Schmid zum Chef der Öbag sprach der Richter den ehemaligen Regierungschef vom Vorwurf der Falschaussage frei.
In einer ersten Reaktion bezeichnete Kurz seine Verurteilung als ungerecht und überraschend. «Ich bin sehr optimistisch, dass wir in einer zweiten Instanz recht bekommen», sagte der ehemalige konservative Regierungschef. Seine Verteidiger hatten zuvor Berufung gegen das Urteil angekündigt.
Der Prozess war in Österreich mit Spannung verfolgt worden. Die Alpenrepublik steht vor einem Superwahljahr mit Kommunal- und Landtagswahlen, der Europawahl und der Nationalratswahl, die Ende September stattfindet.
Auswirkungen auf das politische Klima
Die Verurteilung des als Kanzler und ÖVP-Chef sehr populären Sebastian Kurz dürfte Wahlkampfmunition für die politischen Gegner liefern. «Wenn ein Ex-Kanzler verurteilt ist, dann wird das für die ÖVP zum Mühlstein in Sachen Korruption und Vetternwirtschaft», so Politikberater Thomas Hofer. Der 37-jährige Kurz, der nach seinem Rücktritt Ende 2021 als Unternehmer tätig ist, hatte stets seine Unschuld betont.
Er stand von 2017 bis 2019 an der Spitze einer Koalition der ÖVP mit der rechten FPÖ. Von 2020 bis 2021 leitete er ein Bündnis von ÖVP und Grünen.
Ibiza-Affäre im Hintergrund
Im Zusammenhang mit der 2019 aufgeflogenen Ibiza-Affäre rund um Ex-Vizekanzler und Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache setzte das Parlament einen Untersuchungsausschuss zur «mutmasslichen Käuflichkeit der Regierung» ein. Das Gremium sollte dem Verdacht der Korruption und der Vetternwirtschaft zu Zeiten der ÖVP-FPÖ-Koalition nachspüren. Zum Zeitpunkt seiner Aussage im Sommer 2020 war Sebastian Kurz vor dem Hintergrund seines Managements der Corona-Krise so beliebt wie selten.
Er hatte den Bürgern stets einen «neuen Stil» versprochen, ohne die in Österreich verbreitete Vetternwirtschaft. Dies gilt als ein Grund, warum er im Untersuchungsausschuss seinen Einfluss bei der Öbag-Besetzung als «informiert», aber nicht als «involviert» schilderte.
Sebastian Kurz drohen weitere Verfahren
Abgesehen vom aktuellen Prozess droht dem Ex-Kanzler noch ein zweites Verfahren. In der sogenannten Inseraten-Affäre sollen der damalige Regierungschef und sein Team mit Steuergeld gefälschte Umfragen in Auftrag gegeben haben. Ausserdem sollen sie sich mit Inseraten in diversen Medien eine wohlmeinende Berichterstattung erhofft haben. Die Ermittlungen wegen des Verdachts der Bestechlichkeit, Korruption und Untreue laufen gegen zehn Verdächtige.