Recht auf Homeoffice: Altmaier gegen «staatliche Gängelei»

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Deutschland,

Die eigene Wohnung ist in der Krise für viele Arbeitnehmer auch zum Arbeitsplatz geworden. Videokonferenzen sind gang und gäbe. Wird das Homeoffice auch nach Corona üblich sein?

Homeoffice passe nicht überall, meint Wirtschaftsminister Peter Altmaier. Foto: Tobias Schwarz/AFP/Pool/dpa
Homeoffice passe nicht überall, meint Wirtschaftsminister Peter Altmaier. Foto: Tobias Schwarz/AFP/Pool/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Millionen von Beschäftigten sind in der Corona-Krise ins Homeoffice gewechselt.

Doch soll es künftig ein Recht darauf geben, von Zuhause aus zu arbeiten?

Die SPD ist dafür - Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) dagegen. «Wir brauchen vor allem weniger Bürokratie, nicht immer neue staatliche Garantien», sagte Altmaier der Deutschen Presse-Agentur.

«Ich bin überzeugt, dass viele Betriebe von sich aus mehr Homeoffice ermöglichen, aber es passt eben nicht überall, vor allem wenn der direkte Kontakt zu Kunden und Mitarbeitern notwendig ist», sagte Altmaier. Er habe volles Vertrauen in Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Betriebsräte, dass vor Ort die richtigen Lösungen gefunden werden. «Staatliche Gängelei wäre grundfalsch.»

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte angekündigt, er wolle das Recht auf Arbeit von zu Hause aus gesetzlich verankern und bis zum Herbst dazu ein neues Gesetz vorlegen. «Jeder, der möchte und bei dem es der Arbeitsplatz zulässt, soll im Homeoffice arbeiten können - auch wenn die Corona-Pandemie wieder vorbei ist», hatte Heil der «Bild am Sonntag» gesagt. Man dürfe entweder komplett auf Homeoffice umsteigen oder auch nur für ein oder zwei Tage die Woche.

Aus der SPD kam am Wochenende umgehend ein Konter zu den Aussagen Altmaiers. «Wer jetzt gleich wieder kritisiert, versucht eine Debatte abzuwürgen, die wir führen müssen», sagte die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast. «Denn wir sammeln doch alle gerade Erfahrungen, wie Homeoffice funktionieren kann und wie nicht und welche Fragen zu regeln sind.»

Die Frage sei, was nach der Krise besser gemacht werden könne als vorher. Ein Recht auf Homeoffice löse mit Sicherheit nicht alle Herausforderungen, denn die Vereinbarkeit von Familie und Beruf brauche mehr Angebote, so Mast. Schliesslich bedeute zu Hause arbeiten zwar mehr Flexibilität, aber eben auch Arbeit. «Deshalb ist es wichtig auch hier die Rechte der Beschäftigten im Blick zu behalten.» Dennoch wäre ein Recht auf Homeoffice ein weiterer wichtiger Schritt, um Mitarbeiter zu gewinnen und zu binden.

Aus der Wirtschaft hatte es aber bereits skeptische Stimmen zu einem Recht auf Homeoffice gegeben. «Politische Ladenhüter aus der Zeit vor dem grössten Wirtschaftsrückgang seit vielen Jahrzehnten aufzuwärmen, wirkt etwas aus der Zeit gefallen», hatte der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Steffen Kampeter, gesagt. Es brauche keine weiteren Vorgaben, die Wachstum und Flexibilität beschränkten.

Laut einer Umfrage ist jeder dritte Beschäftigte in der Corona-Krise ins Homeoffice gewechselt. 35 Prozent gaben in der ersten Aprilhälfte an, teilweise oder vollständig von zu Hause aus zu arbeiten, wie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung auf Basis des Sozio-ökonomischen Panels ermittelte. Vor der Corona-Krise haben nur 12 Prozent gelegentlich oder immer den heimischen Schreibtisch genutzt, hatte das Institut Mitte Mai mitgeteilt. Vor allem Beschäftigte mit höheren Einkommen und höherer Bildung konnten demnach ins Homeoffice wechseln.

Facebook-Chef Mark Zuckerberg geht davon aus, dass die Corona-Krise einen langfristigen Wandel hin zur Arbeit ausserhalb des Büros angestossen hat. Er rechne damit, dass in zehn Jahren rund jeder zweite Beschäftigte des Online-Netzwerks so arbeiten werde, sagte Zuckerberg in einem Interview des Technologieblogs «The Verge».

Auch Forscher erwarten, dass sich die Arbeitswelt durch die Krise grundlegend verändern könnte - nicht nur in Sachen Homeoffice. Der Leiter des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation, Dieter Spath, sagte der dpa Ende April: «Viele haben nun Vorbehalte gegenüber Videokonferenzen und anderen Möglichkeiten der Kommunikation abgebaut. Viele werden sich überlegen, welche Reisen wirklich nötig sind, ob wir also nicht auch nach der Krise die Dienstreisen reduzieren auf die Termine, bei denen das Onlinemeeting keine Alternative ist.» Das spare Zeit und Geld - und sei ökologisch sinnvoll.

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