René Burris Filmfestival: Ein Rückblick in Schwarzweissbildern

Keystone-SDA
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Centovalli,

Wer zum 75-Jahr-Jubiläum einen Blick zurück in der Geschichte des Filmfestivals Locarno werfen möchte, muss nach Intragna fahren: Im Museo Regionale delle Centovalli e del Pedemonte sind dazu 50 Schwarzweissfotografien des Fotografen René Burri ausgestellt.

Das Filmfestival Locarno durch die Augen von René Burri, 1996.
Das Filmfestival Locarno durch die Augen von René Burri, 1996. - sda - René Burri / Magnum Photos

Das Wichtigste in Kürze

  • Staunen, Diskutieren, in fremde Welten eintauchen: diese flirrende Atmosphäre prägt das Filmfestival Locarno seit vielen Jahren.

Festgehalten hat sie unter anderem der 2014 verstorbene Fotograf und Dokumentarfilmer René Burri. Weltberühmt wurde der in Zürich geborene Burri für seine Bilder von Che Guevara mit Zigarre. Für die Zeitschrift «Du» porträtierte er Persönlichkeiten wie Picasso, Le Corbusier oder Giacommetti. 2004 war Burri zudem Jury-Mitglied des Filmfestivals Locarno.

Bis Ende Oktober sind im stimmungsvollen Museum in Intragna 50 Bilder zu sehen, die Burri ab 1980 in Locarno aufgenommen hat. Einige der schwarz-weissen Fotografien sind zum allerersten Mal ausgestellt.

Da ist beispielsweise alt Bundesrätin Ruth Dreifuss zu sehen, die angeregt mit dem Dokumentarfilmer Richard Dindo diskutiert oder der verstorbene Schauspieler Bruno Ganz, wie er mit heiterer Miene selbst ein Bild schiesst. Weiter drüben sind die Filmschaffenden Dino Simonett und Stina Werenfels bei einer überschwänglichen Umarmung am Rande des Festivals zu beobachten.

Der Zauber von Burris Festivalerinnerungen liegt weniger in den Sujets als vielmehr in der Atmosphäre, die sie transportieren. Die Fröhlichkeit der Filmverrückten springt einem förmlich entgegen, über der Steintreppe im Garten des Grand Hotel schwebt der Geist einer intensiv gelebten Gegenwart. Die Kühle des Schattens, im dem Regisseure debattieren, ist spürbar.

Eines der vielleicht eindrücklichsten Bilder der Schau ist jenes aus einem Innenraum des Grand Hotels - dem früheren pulsierenden Zentrum des Filmfestivals. Auf der scheinbar zufällig aufgenommenen Fotografie sitzt ein abwesend wirkender Mann vor einem halbvollen Glas. Über ihm erstreckt sich eine hohe weisse Wand. Wahrscheinlich ist es spätabends.

Über dem gesamten Bild liegt eine satte Müdigkeit. Der Mann am Tisch scheint mit seinen Gedanken weit weg zu sein, ein stilvoll gekleideter Kellner steht auf der Schwelle zum nächsten Raum - unentschlossen, ob er den Gast ansprechen oder seinem Tagtraum überlassen soll. Was zufällig wirkt, ist eine bravouröse Komposition. Burri übermittelt in seinen Bildern jene Stimmung, die das Filmfest Locarno prägt.

Ausgestellt sind die Fotografien in vier kleinen Räumen unter dem Dach des verwinkelten Gebäudes. In Vitrinen lagern zusätzliche Bilder in Farbe sowie Bildumschläge mit Notizen des Fotografen.

Durch die kleinen Fenster des alten Steinhauses kann man einen Blick in Richtung Verscio und Ponte Brolla werfen. Auf der linken Talseite schmiegt sich das Geleise der Centovalli-Bahn wie eine Kette an den dicht bewaldeten Hang.

Dass die Bilder des grossen Fotografen René Burri am Eingang des Centovalli und nicht in Locarno ausgestellt sind, ist durchaus kein Nachteil. Mit etwas Glück können Besucherinnen und Besucher eine halbe Stunde lang allein in Stille mit den Festivalerinnerungen von Burri zubringen.

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