Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach in der Generaldebatte des Bundestages. Dabei wurde über Corona, Klimawandel und Asylpolitik diskutiert.
Angela Merkel
«Wir riskieren gerade alles, was wir in den letzten Monaten erreicht haben», sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel während der Generaldebatte zum Bundeshaushalt im Bundestag. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Heute fand im deutschen Bundestag eine Generaldebatte statt.
  • Dabei wurde über Corona, Klimawandel und Asylpolitik diskutiert.
  • Nicht alle heissen den aktuelle Regierungskurs gut.
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Sie könne hier keine Routine-Rede halten, sagt die Kanzlerin Angela Merkel im Bundestag. Es ist ihre wohl letzte in einer Generaldebatte. Angesichts gestiegener Corona-Zahlen bittet sie die Bevölkerung ungewöhnlich eindringlich: Setzt jetzt nicht alles aufs Spiel.

Mit einem zutiefst emotionalen Appell hat Bundeskanzlerin Angela Merkel die Bevölkerung zum Durchhalten in der Corona-Krise aufgefordert. «Geben wir alle als Bürgerinnen und Bürger dieser Gesellschaft wieder mehr aufeinander acht.» So bat die Kanzlerin am Mittwoch im Bundestag.

Sie erlebe derzeit, dass die Vorsicht der Menschen nachlasse. «Wir riskieren gerade alles, was wir in den letzten Monaten erreicht haben», warnte die CDU-Politikerin.

Corona-Pandemie noch nicht vorbei

Die steigenden Infektionszahlen seien ein Zeichen dafür, dass die Pandemie noch lange nicht vorbei sei. «Ich bin sicher, das Leben, wie wir es kannten, wird zurückkehren. Die Familien werden wieder feiern, die Clubs und Theater und Fussballstadien wieder voll sein.» So betonte Merkel die Vorfreude.

Angela Merkel
Angela Merkel sorgt sich wegen des Corona-Virus. - Keystone

«Aber jetzt müssen wir zeigen, dass wir weiter geduldig und vernünftig handeln und so Leben retten können.» Dabei komme es auf jeden Einzelnen an.

Merkel wegen Corona-Zahlen besorgt

Merkel sprach in der Generaldebatte des Bundestags zum Haushalt für das Jahr 2021 – ihrer voraussichtlich letzten als Kanzlerin. Die 66-Jährige betonte, angesichts der Pandemie könne sie keine Routine-Rede halten.

Alle sehnten sich wieder nach Nähe, Berührungen und Gemeinsamkeit. «Das spüre ich selbst. Da geht es mir nicht anders als anderen». Doch klar sei: «Wir brauchen immer noch Abstand als Ausdruck von Fürsorge.»

Bundestag Deutschland
In Deutschland steigen die Corona-Fallzahlen langsam an - Keystone

Die Kanzlerin zeigte sich angesichts der zuletzt deutlich steigenden Corona-Zahlen ernsthaft besorgt. Sich jetzt an die Regeln zu halten, schütze nicht nur Ältere, sondern die offene und freie Gesellschaft als Ganze. Deutschland könne durch diese historische Herausforderung als Gemeinschaft wachsen. Die Opposition kritisierte ihren Regierungskurs in der Krise allerdings teils deutlich.

Opposition bemängelt Regierungskurs

FDP-Chef Christian Lindner und Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter mahnten an, es gebe noch immer keine vorausschauende Teststrategie. Etwa schnelle Tests für Menschen in Pflegeeinrichtungen und Lehrberufen seien gefragt. Ausserdem solle es Luftfilter in Schulräumen und Ampelmodelle für eine transparente Beschreibung der Infektionslage geben. Linksfraktionschef Dietmar Bartsch warf Merkel vor, ihr sei die Autobranche wichtiger gewesen als die Schulen.

Alice Weidel
Alice Weidel (AfD) beschuldigt die Corona-Massnahmen, die deutsche Wirtschaft verschlechtert zu haben. - dpa

AfD-Fraktionschefin Alice Weidel dagegen forderte die Bundesregierung auf: «Hören Sie auf, Panik zu schüren». Aus ihrer Sicht überzogene Massnahmen hätten die Krise erst zur schwersten Rezession in der Geschichte Deutschlands gemacht.

Strengere Corona-Massnahmen im Herbst

Merkel schwor ihre Zuhörer auf einen schwierigen Herbst und Winter ein. Dabei verwies sie auf die von Bund und Ländern beschlossenen strengeren Vorgaben. So droht künftig ein Bussgeld von mindestens 50 Euro, wenn Gäste falsche Angaben in Restaurant-Listen machen. Diese Listen sollen bei Infektionsfällen die Nachverfolgung von Kontakt erleichtern.

Christian Lindner
Christian Lindner (FDP) bemängelt die deutsche Teststrategie. - dpa

Merkel verteidigte auch die im Haushalt vorgesehene Neuverschuldung von 96 Milliarden Euro. Man könne nun schnell und kraftvoll auf die Krise reagieren, da es über Jahre Etats ohne Neuverschuldung gegeben habe. Um auch in künftigen Krisen handlungsfähig zu sein, gelte es so schnell wie möglich zu einer verfassungsgerechten Haushaltsführung zurückzukommen.

Schulden durch Hilfsprogramme und Klimaschutz

Finanzminister Olaf Scholz (SPD) plant für das kommende Jahr erneut mit hohen Schulden. Er will Hilfsprogramme fortführen und zugleich keine Investitionen etwa in den Klimaschutz kürzen. Ab 2022 will er zur Schuldenbremse zurückkehren, allerdings weiter so viele Kredite aufnehmen, wie diese Regelung erlaubt.

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich betonte: «Das ist ein Haushalt mit Kraft und Ausdauer.» Ohne Scholz wäre es nicht möglich gewesen, sich so gegen die Krise zu stemmen, sagte er.

Olaf Scholz
Finanzminister Olaf Scholz (SPD) sieht hohe Schulden auf Deutschland zukommen. - dpa

Gleichzeitig warb Mützenich für den Kanzlerkandidaten seiner Partei: «Olaf Scholz ist der richtige Kanzler für Deutschland.» Mützenich versprach zugleich, um jeden Arbeitsplatz und «insbesondere um die Zukunft unserer industriellen Basis» zu kämpfen.

Mehr Geld für Rüstung als Für Bildung und Gesundheit

Lindner dagegen lehnte die Neuverschuldung ab. Dass Scholz erneut die Schuldenbremse missachte, habe mit Nothilfe nichts mehr zu tun, sagte er. Bartsch kritisierte hohe Rüstungsausgaben. «Warum geben Sie mehr Geld für Rüstung aus als für Gesundheit und Bildung zusammen?»

Die Linke fordert zur Bewältigung der Pandemiefolgen eine Vermögensabgabe. «Nicht einmal in der allergrössten Krise trauen Sie sich, die Superreichen an den Kosten zu beteiligen.» Das warf der Fraktionschef der Regierung vor.

Merkel zu Klimawandel und Migrationspolitik

Kanzlerin Merkel warb auch dringlich für den Kampf gegen den Klimawandel und für die vorgeschlagene Reform der europäischen Asylpolitik. Sie sei dankbar für die Vorschläge der Brüsseler EU-Kommission. «Die Frage, wie wir das umsetzten, ist ein Prüfstein auch für den Zusammenhalt Europas», betonte sie.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will eine baldige Lösung für die Migrationspolitik. - dpa

Die Kanzlerin sprach auch die Dringlichkeit der Lösungsfindung in der Frage der Migration zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union an. Ansonsten sei es «eine schwere Bürde für die Handlungsfähigkeit Europas.» Die nationalen Regierungen können sich seit Jahren nicht auf eine gemeinsame Linie einigen.

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