So kam es zum Messerstecher-Prozess in Chemnitz (D)

Brendan Bühler
Brendan Bühler

Deutschland,

Eine Messerstecherei in Chemnitz (D) sorgte für heftige Auseinandersetzungen. Gestern Montag begann der Prozess gegen den mutmasslichen Täter.

Messerattacke von Chemnitz
Der Angeklagte Alaa S. (M), der im Verdacht steht, an der tödlichen Messerattacke gegen Daniel H. in Chemnitz beteiligt gewesen zu sein, kommt zum Prozess des Landgerichtes Chemnitz in ein Gebäude vom Oberlandesgericht Dresden. - DPA

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Messerstecherei sorgte in Chemnitz (D) letzten August für viel Aufruhr.
  • Gestern stand einer der mutmasslichen Täter vor Gericht.
  • Hier lesen Sie eine Chronologie der Ereignisse.

Die deutsche Stadt Chemnitz war im Spätsommer in aller Leute Munde. Während eines Stadtfestes am 25. August kommt es zu einer Messerstecherei.

Am Ende werden drei Männer schwer verletzt ins Spital gebracht. Der 35-jährige Daniel H. stirbt.

Die Polizei nimmt Ermittlungen auf, kommuniziert aber zurückhaltend. Doch in den Sozialen Netzen brodelt es gewaltig. Es wird über die Herkunft des mutmasslichen Täters spekuliert. Schnell übernehmen fremdenfeindliche Botschaften.

Chemnitz Rassismus
Wasserwerfer bringen sich bei der Demonstration von AfD und dem ausländerfeindlichen Bündnis Pegida, der sich auch die Teilnehmer der Kundgebung der rechtspopulistischen Bürgerbewegung Pro Chemnitz angeschlossen haben, in Stellung. Davor haben Polizisten ihre Wagen zu einer Sperre aufgestellt. - DPA

Es entstehen Gerüchte. Daniel H. wird posthum zum Helden erklärt.

Die aufgepeitschte Stimmung tritt bereits wenige Stunden nach der Tat vom Internet auf die Strasse über. Eine rechtsextreme Fangruppierung des Chemnitzer FC ruft zur Demonstration auf.

Die rechtspopulistische AfD schliesst sich an. Rund 800 Menschen marschieren am 26. August durch Chemnitz. Parolen wie «Ausländer raus», «Wir sind das Volk» und «Für jeden toten Deutschen einen toten Ausländer» werden geschrien.

Hetzjagd in Chemnitz

Die Polizei ist überfordert und kann nicht einschreiten. An diesem Tag kommt es zur «Hetzjagd». Mehrere weisse Männer jagen einen Mann mit dunkler Haut. Bereits am nächsten Tag kommt es zu einer weiteren Demonstration.

Eine rechtsextreme Bürgerwehr ruft dazu auf. Es kommen 6000 Menschen. Zeitgleich findet eine Gegen-Demo unter dem Namen «Chemnitz Nazifrei» statt.

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So erlebte ich die «Wir sind Mehr»-Nacht in Chemnitz. - Nau

Es sind die Bilder, die um die Welt gehen. In den nächsten Tagen kommt es zu weiteren Demonstrationen von Rechtsextremen in Chemnitz. Die Polizei gibt Auskunft über die mutmasslichen Täter: Ein 23-jähriger Syrer und ein 22-jähriger Iraker.

Nach rund einer Woche angeheizter Stimmung in Chemnitz findet am 3. September ein Grossanlass gegen Fremdenfeindlichkeit statt. Bands wie Kraftklub, Casper und die Toten Hosen spielen unter dem Motto «#wirsindmehr».

65'000 Personen kommen. Die Ermittlungen der Polizei gehen voran. Nach und nach kehrt in Chemnitz der «Normalzustand» wieder ein.

Streit in der Regierung

Rund zwei Wochen nach der Tat äussert sich Hans-Georg Maassen, Präsident des deutschen Bundesamts für Verfassungsschutz. Er bezweifelt die «Hetzjagd». Die deutsche Regierung widerspricht Maassen. Im November wird er unter anderem wegen diesem Vorfall in den Ruhestand versetzt.

Chemnitz rechtsextreme
Teilnehmer eines Trauerzugs gehen zum Friedhof, um an der Beerdigung von Thomas Haller, eines verstorbenen Fans des Fussball-Regionalligisten Chemnitzer FC, dabei zu sein. - DPA

Prozess hat begonnen

Gestern Montag begann der Prozess gegen einen mutmasslichen Täter – der 23-jährige Asylbewerber aus Syrien. Die Anklage lautet auf Totschlag und gefährliche Körperverletzung.

Er bestreitet die Tat. Sein irakischer Kollege ist weiterhin auf der Flucht. Der Prozess findet aus Sicherheitsgründen nicht in Chemnitz statt.

Der Prozess dauert bis am 29. Oktober, 24 Verhandlungstage sind angesetzt.

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