Studie: Fast ein Fünftel der Schüler Opfer von Cybermobbing
Immer mehr Kinder und Jugendliche werden im digitalen Raum bedroht, belästigt und blossgestellt. Eine aktuelle Befragung zeigt: Eltern und Schulen sind häufig mit dem Phänomen überfordert.
Einer aktuellen Erhebung zufolge sind fast ein Fünftel aller Schülerinnen und Schüler in Deutschland von Cybermobbing betroffen. Das entspricht mehr als zwei Millionen Kindern und Jugendlichen, wie aus der aktuellen «Cyberlife»-Studie des Bündnisses gegen Cybermobbing in Kooperation mit der Barmer Krankenkasse hervorgeht, die in Berlin vorgestellt wurde.
Demnach ist der Anteil der Schülerinnen und Schüler zwischen 7 und 20 Jahren, die nach eigenen Aussagen schon mindestens einmal Cybermobbing erlebt haben, im Vergleich zur Vorgängerstudie von 2022 um 1,8 Prozentpunkte auf aktuell 18,5 Prozent gestiegen. Über einen längeren Zeitraum betrachtet, sehen die Experten eine klare Verschärfung der Lage: Im Jahr 2017 hatten noch 12,7 Prozent der befragten Schülerinnen und Schüler entsprechende Angaben gemacht.
Schulen reagieren laut Studie zu zögerlich
Unter Cybermobbing fällt nach Angaben des Bundesjugendministeriums «die Beleidigung, Bedrohung, Blossstellung oder Belästigung von Personen mithilfe von Kommunikationsmedien».
Der Vorstandsvorsitzende des Bündnisses gegen Cybermobbing, Uwe Leest, äusserte sich besorgt über die Entwicklung und forderte die Politik zum Handeln auf. Die gesellschaftlichen Auswirkungen würden aus seiner Sicht immer noch stark unterschätzt. Eltern seien «überfordert, die Lehrkräfte zu wenig darauf vorbereitet und die Schulen zu zögerlich in der Reaktion», heisst es als Fazit in der Studie.
Für die aktuelle Analyse wurden zwischen Mai und Juni dieses Jahres 4213 Schülerinnen und Schüler, 637 Lehrer und 1061 Erziehungsberechtigte repräsentativ nach Bundesländern online befragt.
Jeder vierte Betroffene klagt über Suizidgedanken
Was die Experten besonders alarmiert: 13 Prozent der teilnehmenden Kinder und Jugendlichen gaben an, aus Verzweiflung schon einmal zu Alkohol, Tabletten oder Drogen gegriffen zu haben. Mehr als jeder vierte Betroffene habe Suizidgedanken (26 Prozent) geäussert. Das entspreche in absoluten Zahlen mehr als 500'000 Schülern, erklärte Leest. «Eine sehr erschreckende Zahl, die in den letzten Jahren leider weiter gestiegen ist.»
Das Bündnis fordert, bereits in den Grundschulen mit der Präventionsarbeit zu beginnen. Es brauche auch eine bessere Ausbildung von Lehrkräften und mehr Anlaufstellen, heisst es. Die Politik sei ausserdem gefordert, ein Gesetz zum Schutz vor Cybermobbing zu beschliessen. Im Gegensatz zu Ländern wie Frankreich und Österreich und trotz der hohen Betroffenenzahlen hat Deutschland ein solches Gesetz bislang nicht.