Union stellt Bedingungen für weitere Migrations-Gespräche
Nach dem Migrationstreffen stellt die Union der Ampel-Koalition Bedingungen für weitere Beratungen.
«Der wichtigste Schritt wäre es, wenn die Ampel mit uns gemeinsam zu dem Ergebnis kommt, dass es diese Zurückweisungen an der Grenze aufgrund des Nichtfunktionierens des Systems braucht. Und dann können wir in weitere Punkte eintreten», sagte Unionsfraktionsvize Andrea Lindholz (CSU).
Der hessische Innenminister Roman Poseck (CDU) betonte, man habe auf «eine wirkliche Wende in der Migrationspolitik gedrungen und konkrete Massnahmen zur Begrenzung der Migration» gefordert. «Dazu gehören aus unserer Sicht vor allem Grenzkontrollen und Zurückweisungen an den Grenzen. Es ist derzeit offen, ob es zu weiteren Gesprächen in diesem Format kommt.» Die Ampel-Parteien müssten klären, ob sie den Weg zur klaren Begrenzung mitgehen.
Faeser kündigt juristische Prüfungen an
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), die sich nur vage äusserte, kündigte an: «Jetzt geht es darum, bestimmte Punkte, die wir vertraulich besprochen haben, rechtlich zu prüfen und dann weiter zu beraten. Hierauf haben wir uns verständigt.»
Man wolle sich in gleicher Runde wiedertreffen und habe dafür einen Termin in der kommenden Woche ins Auge gefasst. Voraussetzung seien aber die juristischen Prüfungen. «Ich bin dankbar für das ernsthafte und konstruktive Gespräch heute. Diesen Austausch wollen wir zügig fortsetzen.»
Knackpunkt Zurückweisungen
Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Thorsten Frei (CDU), betonte: «Für uns ist es entscheidend, dass es tatsächlich am Ende eine Verringerung des Zustroms gibt, dass Migration bewältigbar und integrierbar bleibt.» Für die Union sei es zentral, «dass es nicht nur Grenzkontrollen gibt, sondern dass es tatsächlich auch zu Zurückweisungen an der Grenze kommt». Frei ergänzte: «Wir haben den Eindruck gehabt, dass man sich ernsthaft auch mit den Punkten, die für uns wichtig sind, auseinandergesetzt hat.»
Die Union erwarte jetzt eine schnelle Reaktion der Bundesregierung. Diese sei auch zugesagt worden. «Wenn wir sehen, dass es da eine Bereitschaft gibt, zu solchen Ergebnissen zu kommen, dann werden wir auch noch weitere Themen ausbuchstabieren.»
Man müsse in der kommenden Woche vorwärtskommen, sagte Frei. Die Union wäre auch bereit, in der kommenden Woche im Bundestag, in der es eigentlich um den Haushalt gehe, Platz dafür freizuräumen. «Es geht um Geschwindigkeit, es geht um Schnelligkeit.»
Rechtliche Risiken
Aus Teilnehmerkreisen hiess es dazu, bei Zurückweisungen gebe es hohe rechtliche Risiken. Zudem riskiere die Union mit diesen Forderungen die mühsam errungene europäische Asylreform, die ebenfalls Verschärfungen vorsieht. Wenn Deutschland die Einhaltung der Dublin-Regeln infrage stelle, die in Europa die Zuständigkeit für Asylverfahren klären, drohe eine Art Domino-Effekt. Andere Länder könnten Asylbewerber dann zur Weiterreise nach Deutschland ermutigen.
Das Bundesinnenministerium hatte sich mit Blick auf Zurückweisungen in der vergangenen Woche noch sehr skeptisch gezeigt. Zu Menschen, die Schutz in Deutschland beantragten, hatte eine Sprecherin erklärt, diese seien grundsätzlich zunächst an eine Erstaufnahmeeinrichtung im Inland weiterzuleiten. Betroffene könnten nur in jenes europäische Land überstellt werden, das nach den Dublin-Regeln für sie zuständig sei. «Dies ist nicht zwangsläufig der Nachbarstaat, aus dem der Grenzübertritt erfolgt», sagte eine Sprecherin.
Nach den Dublin-Regeln ist normalerweise jenes Land für ein Asylverfahren zuständig, in dem ein Migrant in Europa angekommen ist. Andere Gesichtspunkte wie etwa Verwandte, die bereits in einem Land leben, können aber auch eine Rolle spielen.
Das «Sicherheitspaket»
Nach dem mutmasslich islamistisch motivierten Messeranschlag von Solingen hatte die Bundesregierung kurzfristig ein «Sicherheitspaket» vorgelegt, das aus ihrer Sicht Grundlage des Treffens sein sollte. Es sieht Massnahmen in drei Bereichen vor: eine härtere Gangart bei der Rückführung abgelehnter Asylbewerber in ihre Herkunftsländer, Schritte zur entschiedeneren Bekämpfung des islamistischen Terrors und Verschärfungen beim Waffenrecht.
Vorgesehen ist dabei etwa, dass Schutzsuchende, für die ein anderes europäisches Land zuständig ist, in Deutschland keine Leistungen mehr erhalten – wenn dieses Land zur Rücknahme bereit ist (Dublin-Fälle). Vorgesehen ist ausserdem ein Verbot von Springmessern und ein leichterer Ausschluss vom Schutz in Deutschland für Migranten, die eine Straftat begangen haben. «Wir werden unseren Gesetzentwurf schnell vorlegen und schnell im Parlament beraten», kündigte Faeser an.
Ampel-Koalition hat Migrationsrecht bereits verschärft
Die Ampel-Koalition hat bereits mehrfach Verschärfungen beschlossen, so etwa zu Jahresbeginn Erleichterungen bei Abschiebungen. Zudem will Kanzler Olaf Scholz (SPD) bis Jahresende Prüfergebnisse zu der Frage vorlegen, ob Asylverfahren in Staaten ausserhalb Europas möglich sind.
Faeser erklärte nach der Bund-Länder-Runde, die Massnahmen der Regierung zur Begrenzung der irregulären Migration wirkten, der Kurs solle fortgesetzt werden. «Es gibt ein Fünftel weniger Asylanträge als im Vorjahr, ein Fünftel mehr Rückführungen, mehr als 30.000 Zurückweisungen an den deutschen Grenzen durch unsere Binnengrenzkontrollen seit Oktober 2023. Wir haben erstmals wieder gefährliche Straftäter nach Afghanistan abgeschoben.»
Sorge bei Pro Asyl
An dem Treffen nahmen auch Justizminister Marco Buschmann (FDP) und Aussenministerin Annalena Baerbock (Grüne) teil. Für die Länder vertrat Hessen die Unionsseite und Niedersachsen die SPD-Seite. Auch Abgeordnete der Ampel-Fraktionen waren vertreten.
Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl hatte sich vor dem Treffen besorgt gezeigt und an die Bundesregierung appelliert, keine rechtswidrigen Massnahmen zu beschliessen. «Die CDU muss ihrer Verantwortung als demokratische Partei nachkommen und darf die Polarisierung der Debatte nicht weiter vorantreiben.» Es müsse bei dem Treffen um Massnahmen gehen, die Demokratie und gesellschaftlichen Zusammenhalt stärkten und Radikalisierung hin zum Islamismus oder Rechtsextremismus vorbeugten.