Steinmeier kann mit Wiederwahl rechnen
Kaum jemand zweifelt daran, dass Frank-Walter Steinmeier am Sonntag erneut zum Bundespräsidenten gewählt wird. Gerade in dieser aufgewühlten Zeit sei Kontinuität besonders wertvoll, meint die SPD.
Das Wichtigste in Kürze
- Einen Tag vor der Bundesversammlung kann Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier fest mit seiner Wiederwahl rechnen.
Nach den Grünen am Freitag rief auch die SPD-Spitze zum Votum für das amtierende Staatsoberhaupt auf. «Diese Wiederwahl bedeutet Kontinuität einer sehr, sehr guten Amtsführung», sagte Parteichefin Saskia Esken vor einer Fraktionssitzung in Berlin. Diese Kontinuität brauche das Land angesichts multipler Krisen gerade dringend.
Parteichef Lars Klingbeil betonte, er rechne damit, dass die Polarisierung in Deutschland auch nach der Corona-Krise nicht abnehmen werde. «Da braucht es jemanden als Bundespräsidenten, der in der Lage ist, Brücken zu bauen, der in der Lage ist, Menschen zusammenzubringen, der in der Lage ist, auch eine Sprache zu finden, die das Land zusammenhält und vereint», betonte er und fügte hinzu: «Diese Person haben wir mit Frank-Walter Steinmeier.»
Am Sonntag tritt in Berlin die Bundesversammlung zusammen, um einen neuen Bundespräsidenten zu wählen. Die Wiederwahl Steinmeiers gilt als sicher. Der Sozialdemokrat, der seine Parteizugehörigkeit als Staatsoberhaupt ruhen lässt, wurde von den Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP sowie von der CDU/CSU-Opposition nominiert. Zusammen haben diese Parteien in der Versammlung eine grosse Mehrheit.
Gegen Steinmeier treten für die Linke der Mediziner Gerhard Trabert (65) und für die AfD der Ökonom Max Otte (57) an, der selbst CDU-Mitglied ist. Die Freien Wähler schicken die Physikerin Stefanie Gebauer (41) ins Rennen. Keinem der drei wird angesichts der Mehrheitsverhältnisse jedoch eine Chance eingeräumt.
SPD, Grüne, FDP und CDU/CSU stellen zusammen 1223 der insgesamt 1472 Mitglieder. Die AfD kommt auf 151 und die Linke auf 71 Delegierte. Die Freien Wähler sind mit 18 Wahlfrauen und -männern vertreten, der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) mit 2. Ausserdem gibt es einige Fraktionslose.
Der 66-jährige Steinmeier ist erst der fünfte Bundespräsident, der für eine zweite Amtszeit antritt. Am Freitag hatte er sich bereits in der Fraktionssitzung der Grünen vorgestellt. Er sei «ein sehr guter und hoch angesehener Bundespräsident», sagten die Fraktionschefinnen Britta Hasselmann und Katharina Dröge danach. «Deshalb empfehlen wir unseren Wahlleuten in der Bundesversammlung, Frank-Walter Steinmeier erneut zum Bundespräsidenten zu wählen.»
Heute wollte er noch an der Fraktionssitzung der CDU/CSU teilnehmen. Auch die Linke und die AfD tagen zusammen mit ihren Bewerbern. Weitere Fraktionssitzungen sind für den Sonntag unmittelbar vor Beginn der Bundesversammlung angesetzt.
Die Bundesversammlung ist das grösste parlamentarische Gremium in Deutschland. Seine einzige Aufgabe ist die Wahl des Staatsoberhaupts alle fünf Jahre. Sie setzt sich zusammen aus den Abgeordneten des Deutschen Bundestags und einer gleich grossen Zahl von Mitgliedern, die die 16 Landtage entsenden. Da der Bundestag derzeit 736 Abgeordnete zählt, besteht die Bundesversammlung aus 1472 Wahlfrauen und -männern - so viele wie nie zuvor.
Wegen der Corona-Pandemie tritt sie in diesem Jahr nicht im Plenarsaal des Reichstagsgebäudes, sondern im benachbarten Paul-Löbe-Haus zusammen, in dem viele Sitzungssäle und Büros von Abgeordneten liegen. Dort werden die Wahlfrauen und -männer auf fünf Etagen verteilt sein.