Spitzelaffäre: VW stellt Strafanzeige
Der Streit von VW mit dem ehemaligen Zulieferer Prevent geht seit Jahren hoch her. Doch mit der Abhöraffäre in Wolfsburg droht er zu einer Schlammschlacht zu werden. Wurde nicht nur VW-intern mitgeschnitten, sondern auch ein Gespräch mit Prevent?
Das Wichtigste in Kürze
- In der Abhöraffäre um den langjährigen Streit mit dem ehemaligen Lieferanten Prevent hat der VW-Konzern Strafanzeige eingereicht.
Das bestätigte ein Volkswagen-Sprecher am Mittwoch. Demnach richtet sich die Anzeige bei der Staatsanwaltschaft gegen unbekannt.
VW hatte angekündigt, einen solchen Schritt zu prüfen. Zunächst hatten die Wolfsburger den Vorgang untersucht. Am Wochenende war bekannt geworden, dass VW-interne Gespräche einer Arbeitsgruppe 2017 und 2018 mitgeschnitten wurden, in denen es um den Umgang mit der streitbaren Zuliefergruppe ging. «Volkswagen wurde Opfer einer illegalen Abhör-Attacke», hiess es vom Konzern. VW kündigte nach mehreren Lieferstopps Anfang 2018 die Vertragsbeziehungen mit der Prevent-Gruppe, seitdem befehden sich die Unternehmen vor Gericht.
Derweil weitet sich die Spitzelaffäre offenbar aus. Wie das Online-Wirtschaftsmagazin «Business Insider» am Mittwoch berichtete, soll in der fraglichen Zeit auch ein Gespräch zwischen VW und dem Zulieferer Prevent mitgeschnitten worden sein. Darin habe VW im April 2017 zugesagt, weiter zu den Verträgen zu stehen und die Hoffnung geäussert, dass auch Prevent sich daran halte.
Dabei habe VW zu diesem Zeitpunkt schon die Entscheidung getroffen, Prevent auszusteuern, wie es im Branchenjargon heisst - das zumindest folgert das Magazin aus weiteren Aufnahmen. «Business Insider» liegen nach eigenen Angaben rund 50 Stunden Audiomitschnitte von 35 Gelegenheiten vor. VW hält die Mitschnitte für illegal und sucht bisher intern nach dem unbekannten Urheber.
Volkswagen bestätigte das Treffen im April 2017. «Das Gespräch stand im Zusammenhang mit der Geschäftsbeziehung zur Prevent Gesellschaft TWB», sagte ein Sprecher auf Anfrage. «Dieses und alle Gespräche mit der Prevent-Gruppe standen zu jenem Zeitpunkt noch unter dem Eindruck des rechtswidrigen Lieferstopps 2016.» Die «beispiellose Zwangslage» habe VW letztlich dazu bewogen, sich im März 2018 von den Prevent-Unternehmen als Lieferant zu trennen.
Von einem Prevent-Sprecher hiess es, den Inhalt des Treffens könne die Gruppe heute nicht mehr nachvollziehen, weil der teilnehmende Mitarbeiter nicht mehr bei Prevent sei. Wie bereits angekündigt prüfe Prevent rechtliche Schritte gegen VW. Die Gruppe hatte auch mitgeteilt, keine Kenntnis von den Aufnahmen zu haben und an ihrer Entstehung nicht beteiligt gewesen zu sein.
«Prevent ist nicht zum ersten Mal Opfer einer von Volkswagen initiierten Spionage-Aktion geworden», sagte der Prevent-Sprecher. Berichten zufolge hatte Volkswagen vor einigen Jahren eine Berliner Firma damit beauftragt, «Zielpersonen» des Zulieferers überwachen zu lassen und teils auch Privatadressen in Erfahrung zu bringen. VW hatte dazu entgegnet, es habe sich um Auskünfte «im Rahmen der rechtlichen Vorschriften» gehandelt: «Recherchen» seien nötig gewesen, um die Strukturen des Prevent-Netzwerks offenzulegen.
Seit Jahren streiten sich die Parteien vor Gericht um die einstiegen Lieferbeziehungen, derzeit sind laut Prevent noch über zehn Verfahren in Deutschland anhängig. Volkswagen sieht sich in der Mehrzahl der Urteile bisher bestätigt, in einem Fall hatten Richter der Zuliefergruppe gar «Mittel der Erpressung» vorgeworfen. Der Prevent-Sprecher sagte hingegen: «Die Medienberichte zeigen, dass sich Volkswagen über Jahre hinweg rechts- und treuewidrig gegenüber einem Zulieferer verhalten und dabei überaus zweifelhafte Mittel angewandt hat.»