Warum wieder mehr Kinder schwimmen lernen
Der erste Sprung ins tiefe Wasser ist schwer, ins kalte Wasser erst recht: Schwere Zeiten für kleine Schwimmanfänger. Doch deren Zahl steigt laut DLRG wieder. Vor allem eines macht den Lebensrettern Mut.
Das Wichtigste in Kürze
- Geschlossene Bäder, kaum Schwimmunterricht, kaltes Wasser - kleine Schwimmanfänger hatten es in den vergangenen Jahren schwer.
Doch mit dem langsamen Abflauen der Corona-Pandemie haben wieder mehr Kinder schwimmen gelernt.
2022 seien insgesamt 78.716 Schwimmabzeichen abgenommen worden – mehr als doppelt so viele wie ein Jahr zuvor, teilte die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) in Bad Nenndorf mit. 2021 waren es demnach 38.112.
Rückstand ist «weiterhin erheblich»
«Wir nähern uns dem Niveau von vor der Pandemie», sagte DLRG-Präsidentin Ute Vogt. Sie sagte auch: «Der Rückstand durch lange Zeit geschlossene Bäder ist aber weiterhin erheblich.» Denn das Ergebnis liege immer noch um knapp 14 Prozent unter dem von 2019.
Die DLRG ist nach eigenen Angaben mit über 1,8 Millionen Mitgliedern die grösste Wasserrettungsorganisation der Welt – und der grösste private Anbieter in der Schwimmausbildung.
Die Lebensretter verwiesen auch auf eine im Januar veröffentlichte Forsa-Umfrage – demnach kann jedes fünfte Grundschulkind nicht schwimmen. Fünf Jahre zuvor habe der Anteil der kleinen Nichtschwimmer noch bei zehn Prozent gelegen.
Auch mit den Grundfertigkeiten für das Schwimmen, für die es das Seepferdchen-Abzeichen gibt, sah es eher düster aus: Konnten 2017 noch 69 Prozent der Grundschulkinder das Seepferdchen vorweisen, war es im vergangenen Jahr nur noch etwa jedes zweite Kind.
Gefragte Abzeichen
Doch gerade bei den Seepferdchen geht es bergauf: Dort «liegen wir sogar über den Zahlen von 2019 – und dass, obwohl niedrigere Wasser- und Lufttemperaturen sowie vereinzelt komplett geschlossene Bäder infolge der Energiekrise hinderlich waren», betonte Vogt. Das merkten auch die Ausbilder: «Die Kinder sind irgendwann durchgefroren und müssen früher raus», sagte DLRG-Schwimmlehrer Arne Grosser unlängst. «Da dauert es dann länger als üblich, das Kursziel zu erreichen.»
Vogt sprach von einem «Aufholprozess». 56.248 Seepferdchen wurden im vergangenen Jahr vergeben, 55 Prozent mehr als 2021 (36 368) und sogar 17 Prozent mehr als 2019 (48 243). Zu sicheren Schwimmern werden Kinder nach DLRG-Einschätzung aber erst, wenn sie die Prüfung für das Bronze-Abzeichen, den sogenannten Freischwimmer, bewältigen. Und dieses Abzeichen hätten nur gut 40 Prozent der Zehnjährigen. «Es sollten jedoch 100 Prozent sein», forderte Vogt.
Sie machte klar: «Dafür braucht es aber mehr Wasserflächen und qualifizierte Lehrkräfte sowie mehr politisches Engagement, um für beides die Voraussetzungen zu schaffen.» Nur Schulen erreichten alle Kinder, daher müssten sie so viel Schwimmunterricht wie nötig geben können. Kürzlich hatte der Verband kommunaler Unternehmen angesichts der vielen Nichtschwimmer und unsicheren Schwimmer unter Kindern und Jugendlichen von einem «Weckruf für die Politik» gesprochen.
Wieder mehr Rettungsschwimmer
Ebenfalls ein gutes Zeichen: Mehr Rettungsschwimmer wurden ausgebildet. Denn wegen der Bäderschliessungen wurden laut DLRG über einen Zeitraum von zwei Jahren nur halb so viele Rettungsschwimmer ausgebildet wie üblich. Jetzt geht der Trend offensichtlich wieder in die andere Richtung – im vergangenen Jahr wurden 50 Prozent mehr Rettungsschwimmer ausgebildet als 2021. Allerdings waren dies immer noch 10 Prozent weniger als 2019. Dennoch sagte Vogt: «Das stimmt uns optimistisch, dass wir in diesem Jahr vollends die Wende schaffen können.» Es werde aber dauern, den Rückstand aufzuholen.
Wie wichtig es ist, sicher schwimmen zu können, wollen Lebensretter und andere Verbände mit dem ersten bundesweiten Schwimmabzeichentag am 21. Mai zeigen: Dann sollen in vielen Frei- und Hallenbädern Prüfer das Schwimmabzeichen abnehmen. Vogt betonte: «Einen Tag lang wird das Schwimmen im Mittelpunkt stehen.»