Manipulationsvorwürfe der «Financial Times» gegen einen Mitarbeiter in Singapur hatten den Dax-Konzern Wirecard in schwere Bedrängnis gebracht. Das Unternehmen verteidigte sich wütend - nichts sei dran. Ganz so einfach ist es aber nicht, wie eine Untersuchung zeigt.
Die Firmenzentrale von Wirecard. Wirecard war in den vergangenen Wochen an der Börse heftig unter Beschuss geraten. Foto: Sven Hoppe
Die Firmenzentrale von Wirecard. Wirecard war in den vergangenen Wochen an der Börse heftig unter Beschuss geraten. Foto: Sven Hoppe - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Nach Manipulationsvorwürfen gegen den Zahlungsdienstleister Wirecard hat eine Untersuchung Indizien für mögliche strafbare Verstösse einzelner Mitarbeiter im Fernen Osten gebracht.
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Die von dem Unternehmen beauftragte Singapurer Kanzlei Rajah & Tann habe aber keine Feststellungen zu Round-Tripping - Scheinumsätze mit verschobenen Geldern - oder Korruption getroffen, teilte der Dax-Konzern am Dienstag mit. Auch hätten sich daraus keine Erkenntnisse für eine strafrechtliche Verantwortung der deutschen Konzernzentrale ergeben.

Die Wirecard-Aktien schossen am Nachmittag in der Spitze um fast 32 Prozent nach oben. Letztlich behaupteten sie einen Kursgewinn von rund 26 Prozent auf 125 Euro, womit sie unangefochtener Dax-Spitzenreiter waren.

Wirecard war in den vergangenen Wochen an der Börse heftig unter Beschuss geraten, nachdem in der britischen «Financial Times» mehrere Berichte erschienen, in denen einem Wirecard-Mitarbeiter Kontomanipulationen und Dokumentfälschungen vorgeworfen wurden. Der Wirecard-Vorstand hatte mehrfach wütend widersprochen und von «Diffamierung» gesprochen.

Doch die Kanzlei geht nach dem Ende ihrer Untersuchung nun davon aus, dass bei Wirecard in Singapur tatsächlich nicht alles mit rechten Dingen zuging: «Strafrechtliche Verantwortung nach örtlichem Recht könnte in Verbindung mit den oben genannten Umständen einigen lokalen Angestellten in Singapur zugewiesen werden», hiess es in der Zusammenfassung, die Wirecard auf der Unternehmenswebseite veröffentlichte.

Die «oben genannten Umstände»: Die Prüfer der Kanzlei haben tatsächlich Fehlzahlungen und -buchungen in Millionenhöhe gefunden. Laut Wirecard aber keine, die die Jahresbilanzen wesentlich beeinträchtigt hätten. Im Jahr 2017 wurde demnach ein Umsatz von 2,5 Millionen Euro falsch verbucht, was mit dem Jahresabschluss 2018 korrigiert werden soll.

Und ausserdem tauchte laut Wirecard im Januar 2018 einen Monat lang ein Betrag von 2,3 Millionen Euro in der Liste ausstehender Zahlungen einer Wirecard-Gesellschaft auf, ohne dass diese Summe formell verbucht worden wäre. Ausserdem stellten die Prüfer laut dem Konzern «gewisse Zahlungen» zwischen Geschäftspartnern und Wirecard-Einheiten fest, denen keine geschäftliche Vereinbarung zugrunde lag. Und es gab Zahlungen, denen zwar tatsächliche Geschäfte zugrunde lagen, die aber bei der falschen Wirecard-Einheit verbucht wurden.

Das Management in der deutschen Konzernzentrale ist demnach aussen vor: «Die Prüfung hat keine Feststellungen strafrechtlicher Verantwortung nach Singapurer Recht in Bezug auf das Wirecard-Hauptquartier in München/Aschheim ergeben.» Die «Straits Times» - die englischsprachige Tageszeitung des südostasiatischen Inselstaats - hatte vergangene Woche berichtet, die Singapurer Staatsanwaltschaft ermittle gegen sechs Wirecard-Angestellte. Eine offizielle Bestätigung der Ermittlungsbehörde gibt es jedoch nicht.

Die Berichte der «Financial Times» hatten in den vergangenen Wochen dramatische Tagesverluste der Wirecard-Aktie an der Frankfurter Börse zur Folge gehabt, zwischenzeitlich hatte das Papier mehr als dreissig Prozent seines Werts verloren. Da derart hohe Kursausschläge bei Dax-Unternehmen unüblich sind, haben sich deswegen auch die Münchner Staatsanwaltschaft und die Finanzaufsicht Bafin eingeschaltet. Grund ist der Verdacht der Kursmanipulation durch «Short Seller». Das sind Spekulanten, die auf fallende Kurse setzen. Die Bafin hatte Leerverkäufe von Wirecard-Aktien vorübergehend verboten.

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