Wirtschaftsweisen-Chef würdigt Friday-for-Future-Bewegung
Die Fridays-for-Future-Bewegung lässt auch Ökonomen nicht kalt. Einer der führenden Wirtschaftswissenschaftler hat am Samstag in Dortmund mit Aktivisten diskutiert. Der Chef der Wirtschaftsweisen, Christoph Schmidt, zeigte sich anschliessend angetan von der Debatte.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Chef der Wirtschaftsweisen, Christoph Schmidt, hat die Rolle der Friday-for-Future-Bewegung im Kampf gegen den Klimawandel gewürdigt.
«Fridays for Future ist ein wichtiges Element, dass die Gesellschaft jetzt darauf aufmerksam geworden ist, dass es so nicht weitergehen kann», sagte der 56-Jährige am Samstag in einem Radiointerview des Westdeutschen Rundfunks. Die Bewegung habe die Politik dazu gedrängt, die Grundidee einer Bepreisung von CO2 «endlich mal ernst zu nehmen». «Natürlich ist ein CO2-Preis als Grundinstrument immer noch der richtige Weg», sagte der Wirtschaftswissenschaftler.
Schmidt ist Präsident des Essener Wirtschaftsforschungsinstituts RWI. Er nahm am Samstag an einer Podiumsdiskussion zum Thema CO2-Steuer beim Sommerkongress der Fridays-for-Future-Bewegung in Dortmund teil. «Ich bin sehr froh, dass ich hier war», sagte er nach der Veranstaltung. «Wir brauchen den Diskurs der Generationen.»
Die Transformation des Energiesystems bezeichnete Schmidt in der WDR5-Sendung «Morgenecho» als «grosse gesellschaftliche Aufgabe». Ziel sei, dass «wir keine fossilen Ressourcen mehr verbrauchen oder nur noch so viel verbrauchen, wie auch von der Atmosphäre tatsächlich aufgenommen werden kann». «Diese Netto-Nullemissionen müssen wir irgendwann erreichen, spätestens bis Ende des Jahrhunderts. Das wäre notwendig, wenn wir eine grosse Klimaveränderung einigermassen ausschliessen wollen.» «Jetzt ist die Zeit, endlich noch mehr dagegen zu tun», so Schmidt weiter.
In der Debatte um eine CO2-Steuer schlägt SPD-Umweltministerin Svenja Schulze eine Erhöhung der Energiesteuer vor, die zunächst pro Tonne CO2 bei 35 Euro mehr einsteigt. Fridays for Future fordert dagegen, «schnell» 180 Euro pro Tonne CO2 zu erheben. Der Verdi-Bundesfachbereichsleiter für Medien, Kunst und Industrie, Christoph Schmitz, äusserte sich am Samstag in der Diskussion skeptisch zu dieser Forderung. Es sei wichtig, die Leute zu überzeugen und nicht abzuschrecken. «Um die Leute mitzunehmen, ist es wichtig, den Einstiegspreis eher in der Grössenordnung 35 bis 40 Euro zu sehen.» Auch Schmidt forderte eine «kompromissfähige Lösung, die die Menschen mitnimmt».
Die Organisatoren zogen eine positive Bilanz des am Sonntag zu Ende gehenden Treffens, an dem nach Angaben der Veranstalter insgesamt 1700 Menschen aus ganz Deutschland teilnehmen. Die Teilnehmer hätten viel «Power» bekommen, die politischen Ziele der Bewegung bis zum Ende des Jahres umsetzen zu können, sagte Mitorganisator Jakob Blasel (18). «Dafür müssen wir weiter Druck machen.»
Für den 20. September rufe Fridays for Future «die breite Bevölkerung» bundesweit zur Teilnahme an Demonstrationen auf, und zwar nicht nur Schüler. «Wir fordern dazu auf, sich frei zu nehmen, um gemeinsam für eine Wende in der Klimapolitik zu demonstrieren.» Organisiert würden die Demos vor Ort. An dem Tag will das Klimakabinett der Bundesregierung ein Paket mit konkreten Klimaschutzmassnahmen beschliessen, um sicherzustellen, dass Deutschland beim Einsparen von Treibhausgasen schneller vorankommt.
Weitere Kongresse seien noch nicht konkret geplant, sagte Blasel weiter. Fridays for Future will sich nach Blasels Worten auch weiterhin auf Klimapolitik konzentrieren. «Wir sind eine Bewegung, die den Konsens hat, für die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels einzutreten. Dabei werden wir auch bleiben.»
Der Kongress hatte am Mittwoch begonnen. Insgesamt stehen 200 Workshops, Podiumsgespräche und Arbeitsgruppen auf dem Programm. Am Sonntag endet die Tagung mit einem «Finale». Dabei soll unter anderem ein selbst gedrehter Film über den Kongress gezeigt werden. Geplant ist auch ein Auftritt des Autors und Kleinkünstlers Marc Uwe Kling.
Klimaaktivisten wollen aber auch in der kommenden Woche mobil machen. Bei einem Klimacamp in Pödelwitz bei Leipzig werden rund 1000 Teilnehmer erwartet. Mehr als 100 Workshops und Diskussionen sind bei der zweiten Auflage des Camps geplant. Das 700 Jahre alte Dorf Pödelwitz soll der Kohle weichen und von der Landkarte verschwinden. Dagegen regt sich seit langem Protest.
In Mannheim verliehen am Samstag rund 100 Aktivisten der Organisation «Ende Gelände» mit der Blockade eines Kohlekraftwerks ihren Forderungen nach einem schnellen Kohleausstieg Nachdruck. Einige Aktivisten gelangten auch auf ein Kohleförderband. Auf Twitter forderte das Bündnis: «Legt das Grosskraftwerk Mannheim endlich still!» Es sei das Steinkohlekraftwerk mit dem höchsten CO2-Ausstoss in Deutschland.