Wolfgang Schäuble für «Notlösung» in Sachen Wahlrechtsreform

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Deutschland,

Eine weitere Vergrösserung des Bundestags bei der nächsten Wahl wollen eigentlich alle Parteien verhindern. Doch eine Wahlrechtsreform bekommen sie einfach nicht hin. Nun macht der Bundestagspräsident einen neuen Vorstoss - der nicht unwidersprochen bleibt.

Wolfgang Schäuble Ende Januar während einer aktuellen Stunde zur Wahlrechtsreform im Deutschen Bundestag. Foto: Christoph Soeder/dpa
Wolfgang Schäuble Ende Januar während einer aktuellen Stunde zur Wahlrechtsreform im Deutschen Bundestag. Foto: Christoph Soeder/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • In der jahrelangen Debatte über eine Wahlrechtsreform hat Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble einen Vorstoss für eine «Notlösung» unternommen und damit umgehend Kritik auf sich gezogen.

Der CDU-Politiker schlug eine Deckelung der Zahl der Sitze vor, eine Verringerung der Zahl der Wahlkreise hält er zur nächsten Wahl 2021 für nicht mehr realisierbar. Dem «Tagesspiegel» sagte er: «Ich habe die Fraktionsvorsitzenden jetzt nochmals daran erinnert, dass ich weiterhin eine Entscheidung des Parlaments erwarte - wenigstens eine Notlösung für die nächste Wahl, damit es am Ende nicht doch 800 Abgeordnete werden.»

Eine Reduzierung der Zahl der Wahlkreise sei rein rechtlich vielleicht machbar. «Aber faktisch ist es zu spät dafür.» Angesprochen auf ein SPD-Modell, mit einem Deckel die Zahl der Mandate auf 690 zu begrenzen, sagte Schäuble: «Wenn man noch etwas schafft - und zwar als Einmallösung für die nächste Wahl - dann kann es nur noch eine solche Deckelung sein. Für eine Wahl lässt sich das in der aktuellen Situation vertreten.»

Von den Grünen kam umgehend Widerspruch. Ihre Erste Parlamentarische Geschäftsführerin Britta Hasselmann sagte der Deutschen Presse-Agentur, man dürfe zwar nichts unversucht lassen, in dieser Wahlperiode noch zu einer Änderung des Wahlrechts zu kommen. «Was allerdings nicht geht, ist, einfach die Anzahl der Abgeordneten durch einen festen Deckel zu begrenzen und alles andere im Wahlrecht so zu lassen, wie es ist. Das würde die Zusammensetzung eines neu gewählten Bundestages erheblich verzerren.»

Grundlage einer Lösung müsse das personalisierte Verhältniswahlrecht sein. «Der Grundsatz, jede Stimme ist uns gleich viel wert, darf seine Gültigkeit nicht verlieren.»

Schon in der vergangenen Wahlperiode hatten die Fraktionen vergeblich um eine Reform des Wahlrechts gerungen. Bei der Wahl 2017 wuchs der Bundestag dann auf seine Rekordgrösse von 709 Abgeordneten. Regulär sollten es nur 598 sein. Das Problem liegt im Wahlrecht: Erhält eine Partei mehr Direktmandate, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis Sitze zustehen, darf sie diese als Überhangmandate behalten, die anderen Parteien erhalten dafür Ausgleichsmandate. Da vor allem die CSU, aber auch die CDU über viele Direktmandate verfügen, weigern sie sich bislang strikt, die Zahl der Wahlkreise zu verringern.

Die SPD-Fraktionsspitze hatte im Februar eine Deckelung der Zahl der Abgeordneten bei 690 für die nächste Wahl vorgeschlagen. Darüber hinausgehende Überhangmandate sollten nicht zugeteilt werden. «Der SPD-Vorschlag klingt zwar für manche plausibel, aber er erfüllt eben auch nicht die Bedingungen für einen Kompromiss», sagte Schäuble dazu jetzt. FDP, Linke und Grüne hatten im vergangenen Jahr einen gemeinsamen Gesetzentwurf vorgelegt, der auch vorsieht, die Zahl der Wahlkreise zu verringern.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Stefan Ruppert, warf der grossen Koalition eine unerträgliche Blockadehaltung vor. «Nach wie vor hat sie keinen eigenen Vorschlag ins Verfahren eingebracht.» Leider blockiere vor allem die CSU jede Verkleinerung. «Jede Stimme muss gleich viel wert sein und alle Fraktionen müssen ihrem Anteil nach schrumpfen.» Die Verkleinerung des Bundestages sei «eine Frage der Glaubwürdigkeit parlamentarischer Arbeit», sagte Ruppert am Donnerstag.

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