Druck auf Regierung im Libanon nach Katastrophe von Beirut wächst
Nach der Explosionskatastrophe in Beirut gerät die libanesische Regierung zunehmend unter Druck.
Das Wichtigste in Kürze
- Zwei Minister zurückgetreten - Wütende Proteste dauern an.
Am Sonntag traten zwei Minister als Konsequenz aus der Katastrophe zurück, für die viele Libanesen Inkompetenz und Korruption in den Behörden verantwortlich machen. Nach gewalttätigen Zusammenstössen bei Protesten am Samstag flogen am Sonntag bei Demonstrationen in Beirut erneut Steine, die Sicherheitskräfte setzten Tränengas ein. Die Teilnehmer einer Geberkonferenz sagten dem Land gut 250 Millionen Euro an Soforthilfen zu.
Nach Informationsministerin Manal Abdel Samad verkündete am Sonntagabend auch Umweltminister Damianos Kattar seinen Rücktritt. Die «fruchtlose Regierung» habe bei zahlreichen Gelegenheiten versagt, kritisierte er. Seine Hoffnung liege nun auf den jungen Menschen des Landes. Regierungschef Hassan Diab hat angekündigt, dem Kabinett am Montag vorgezogenen Neuwahlen vorzuschlagen. Parlamentspräsident Nabih Berri berief laut der Nachrichtenagentur Ani für Donnerstag eine Sondersitzung ein, in der die Regierung zu dem «Verbrechen» befragt werden soll, «die die Hauptstadt getroffen hat».
Nahe dem Parlamentsgebäude warfen Demonstranten am Sonntag Steine und Feuerwerkskörper in Richtung der Sicherheitskräfte, diese setzten Tränengas ein. Bereits am Samstag hatten tausenden Menschen in Beirut gegen die Regierung protestiert, dabei kam es auch zu Gewalt. Mehrere Ministerien wurden zum Teil stundenlang besetzt, Demonstranten legten Feuer am Sitz des Bankenverbands.
Viele Libanesen, die der politischen Elite schon seit langem Korruption und Unfähigkeit vorwerfen, machen die Regierung für die verheerenden Explosionen am Dienstag verantwortlich, bei denen mehr als 150 Menschen getötet und mehr als 6000 verletzt wurden. Nach Regierungsangaben waren dabei 2750 Tonnen Ammoniumnitrat explodiert, die jahrelang ungesichert in einer Halle im Hafen lagerten.
Bei einer von der UNO und Frankreich organisierten Geberkonferenz kamen laut dem französischen Präsidialamt gut 250 Euro an Zusagen zusammen. Deutschland stellt nach den Worten von Aussenminister Heiko Maas (SPD) 20 Millionen Euro zur Verfügung. «In dieser schrecklichen Zeit ist der Libanon nicht allein», versicherten die rund 30 Geberländer. Allerdings forderten sie, die Hilfsgelder müssten von den Vereinten Nationen koordiniert werden und «mit maximaler Effizienz und Transparenz direkt» an die Bevölkerung fliessen.
«Wir haben klare Erwartungen, dass es einen innerstaatlichen Reformprozess gibt», sagte Bundesaussenminister Maas dem ZDF am Sonntag. «Ich hoffe, dass die Verantwortlichen in der Regierung die Zeichen der Zeit erkannt haben und wissen, dass es so nicht weitergehen kann.»
Koruptionsbekämpfung und eine bessere Organisation innerhalb der Regierung seien Voraussetzung dafür, dass es dem Libanon besser gehe, sagte Maas. Deutschland sagte dem Libanon insgesamt 20 Millionen Euro aus Mitteln der humanitären Hilfe und der Entwicklungszusammenarbeit zu.
Frankreichs Präsident Macron hatte zum Auftakt der Geberkonferenz gewarnt, Gewalt und Chaos dürften in dem Land nicht die Oberhand gewinnen. Die libanesischen Behörden müssten handeln, «damit das Land nicht untergeht», sagte er. «Es geht um die Zukunft des Libanon.»