Die 76. Frankfurter Buchmesse fokussiert auf politische Debatten, KI-Herausforderungen und das Gastland Italien – und bleibt ein wichtiger Handelsplatz.
Frankfurter Buchmesse
Besucher stehen auf der Frankfurter Buchmesse vor einem Bücherregal. (Archivbild) - dpa

Politische Debatten, Herausforderungen durch künstliche Intelligenz, Wirbel um das Gastland Italien und ein Blick auf junge Leserinnen: Die 76. Frankfurter Buchmesse will grosse Themen in den Fokus nehmen und ein wichtiger Handelsplatz bleiben. Die weltgrösste Bücherschau öffnet am Abend und ist ab Freitag für das Lesepublikum zugänglich. Über 1000 Autoren und Sprecher bei 650 Veranstaltungen auf 15 Bühnen stehen auf der Agenda.

Nach den Querelen im Vorfeld der Messe streckt Ehrengast Italien Europa symbolisch die Hand aus. Der Gastland-Pavillon ist wie eine typische italienische Piazza gestaltet. «Ein Ort, an dem alles geschehen kann und nichts unmöglich ist», wie der federführende Architekt Stefano Boeri sagte.

Streit zwischen italienischen Autoren und Regierung in Rom

Nicht alle der 90 Autorinnen und Autoren, die nach Frankfurt kommen, sind Teil der offiziellen Delegation. Einige – wie der von der Mafia verfolgte Schriftsteller Roberto Saviano – reisen auf Einladung ihres Verlages an. «Den Gastlandauftritt bestimmt das Gastland, den bestreitet das Gastland und da haben wir tatsächlich auch als Ausrichter nichts zu sagen.»

Dies betonte die Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Karin Schmidt-Friderichs. Aber etwa auch über die Einladungen von Verlagen ergebe sich eine ganz breite Mischung der italienischen Literatur. «Da werden auch Meinungen aufeinanderprallen, aber Diskurs und Meinungsfreiheit gehören zur Buchmesse.»

Vor der Eröffnung war es zwischen italienischen Autoren und Vertretern der rechten Regierung in Rom zum offenen Streit gekommen. Der Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni wurde vorgeworfen, nicht genehme und regierungskritische Stimmen von der Buchmesse auszuschliessen und sich zunehmend in den Kulturbetrieb einzumischen.

«Charakter einer Convention»

Am Montag wurden auch Branchendaten bekannt gegeben. In den ersten drei Quartalen 2023 habe sich der Umsatz der Buchbranche leicht über Vorjahr und damit auf einem stabilen Niveau bewegt: «Das müssen uns andere Branchen erst mal nachmachen», sagte die Vorsteherin. Erfreulich sei, dass junge Leserinnen sich für Bücher begeisterten.

Die Messe hat daher in diesem Jahr dem Genre «New Adult» viel Raum in einer eigenen Halle eingeräumt. «Die Frankfurter Buchmesse ist immer im Wandel. Wir greifen neue Entwicklungen des Marktes auf», erläuterte Buchmesse-Direktor Juergen Boos.

Dort habe die Messe «eher den Charakter einer Convention». Es werde «dieser Leselust, diesem Fandom» eine Bühne gegeben, sagte er. So gehe es etwa um das Signieren oder um Selfies mit den Autorinnen oder Autoren.

Diskussion über Zukunftsoptionen

Boos hoffte aber auch auf «leidenschaftliche Debatten über die wunden Punkte der Gegenwart». Unter anderem diskutiert etwa der israelische Historiker Yuval Noah Harari («Nexus») auf der Messe vor grossem Publikum mit dem japanischen Philosophen Kohei Saito («Systemsturz») über Optionen für die Zukunft.

Angekündigt sind darüber hinaus neben vielen anderen die Bestsellerautoren Sebastian Fitzek und Elif Shafak, die «New Adult»-Stars Jane S. Wonda und D.C. Odesza sowie die Moderatoren Thomas Gottschalk und Judith Rakers.

Neu sind in diesem Jahr die «Asia Stage» und ein «Games Business Center». Das «Audio»-Areal für Hörbücher und Podcasts ist doppelt so gross wie bisher. Netflix hat erstmals einen eigenen Stand auf der Messe. Die Plattform Tiktok ist mit dem erfolgreichen Buchformat «Booktok» wieder prominent dabei.

Vorverkaufszahlen liegen über dem Vorjahr

Ein zentrales Thema für die Branche ist derzeit die künstliche Intelligenz (KI). Diese könne unterstützen und assistieren, Prozesse vereinfachen und kreative Impulse geben, sagte Schmidt-Friderichs. Allerdings betonte sie auch: «Die Fähigkeiten dieser Systeme basieren auf dem grössten Datenklau der Geschichte.»

Urheberrechtlich geschützte Texte und Bilder würden millionenfach ohne das Einverständnis der Urheber und ohne Honorarzahlungen als Trainingsmaterial für KIs eingesetzt. «Das geht so nicht! Wir brauchen klare Regeln.» Die Vorverkaufszahlen liegen laut Buchmesse deutlich über dem Vorjahr. 2023 waren rund 215'000 Besucherinnen und Besucher gekommen.

Mehr als 4000 Aussteller aus 95 Ländern hatten ihre Neuerscheinungen präsentiert. Die Buchmesse endet am Sonntag mit der Übergabe des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels an die US-Historikerin Anne Applebaum. Bereits am Montag wurde traditionell zum Start der Buchmessen-Woche der Deutsche Buchpreis vergeben. Die Auszeichnung ging an Martina Hefter für ihr Werk «Hey guten Morgen, wie geht es dir?».

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