Alternde Regierungschefs sind ein Risiko für Staatsgeschäfte
Das Wichtigste in Kürze
- Ein deutscher Psychiater hat alternde Politiker der Vergangenheit unter die Lupe genommen.
- Er kommt zum Schluss, dass nachlassende Geisteskraft verheerende Folgen haben kann.
Mit Risiken und Nebenwirkungen: Alternde Politiker bekleiden oft hohe Regierungsämter - mitunter trotz nachlassender Geisteskraft. Der Münchner Psychiater Hans Förstl stellt in der «Deutschen Medizinischen Wochenschrift» etliche solche Verdachtsfälle vor – samt möglicher historischer Folgen.
Paul von Hindenburg (1847-1934), Reichspräsident von 1925 bis zu seinem Tod, habe unter einer leichten kognitiven Störung gelitten, die Greisenhaftigkeit sei sogar Laien aufgefallen, so Förstl, Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Technischen Universität München. Die nachlassende geistige Spannkraft habe dazu beigetragen, dass der Präsident dem Drängen anderer Kräfte nachgegeben, seine Abneigung gegen Adolf Hitler aufgegeben und diesen 1933 zum Reichskanzler ernannt habe.
Verwirrte amerikanische Präsidenten
In beiden Weltkriegen des vergangenen Jahrhunderts regierten in den USA Präsidenten in fortgeschrittenem Alter. Woodrow Wilson (1856-1924) habe schon auf der Friedenskonferenz 1919 verwirrt gewirkt und Anzeichen von Amnesie gezeigt, schreibt Förstl. Im selben Jahr sei ein Schlaganfall dazugekommen. Die Amtsgeschäfte seien de facto von Wilsons Frau und seinem Leibarzt geführt worden – ohne Legitimation.
Als weiteres Beispiel nennt der Mediziner US-Präsident Franklin D. Roosevelt (1882-1945) gegen Ende des Zweiten Weltkriegs. Seine nachlassende Geistesverfassung sei für die Alliierten auf der Konferenz von Jalta, bei der es im Februar 1945 um die Aufteilung Deutschlands und die Machtverteilung nach dem Krieg ging, unübersehbar gewesen.