Coronavirus: Long-Covid-Kranke haben Muskelschäden
Long-Covid kann die Fähigkeit Sport zu treiben oder einfach Aufgaben zu erledigen, deutlich erschweren. Eine neue Studie zum Coronavirus zeigt auf warum.
Das Wichtigste in Kürze
- Extreme Müdigkeit und Probleme beim Sport sind häufige Symptome von Long-Covid-Kranken.
- Jetzt haben Wissenschaftler möglicherweise endlich herausgefunden, warum das so ist.
Die meisten Menschen, die positiv auf das Coronavirus getestet werden, haben ihre Symptome nach ein oder zwei Wochen überwunden. Untersuchungen zeigen jedoch, dass einige Personen auch drei Monate nach ihrem ersten positiven Test weiterhin über Symptome berichten – und sogar neue entwickeln.
Diese neuen Symptome können teilweise noch Monate oder sogar Jahre anhalten. Eine neue Studie legt nahe, dass der Grund dafür ist, dass bei Long-Covid-Kranken nach dem Sport biologische Veränderungen im Körper auftreten können. Vor allem in den Muskeln.
«Wir sehen deutliche Veränderungen in den Muskeln dieser Patienten», wird Michèle van Vugt, Professorin für Innere Medizin an der Amsterdam UMC, in der Fachzeitschrift «Nature Communications» zitiert.
Die Studie ergab demnach, dass Long-Covid-Kranke unter extremer Müdigkeit, Veränderungen in der Muskelzusammensetzung und weit verbreitete Muskelschäden litten.
Anomalien im Muskelgewebe von Long-Covid-Kranken
Die Forscher in den Niederlanden analysierten demnach Daten von 25 Long-Covid-Kranken mit postextertionalem Unwohlsein (PEM). Das heisst, ihre Symptome verschlechterten sich nach geringer körperlicher Anstrengung, was dazu führte, dass sie aufgrund extremer Müdigkeit zusammenbrachen.
Diese Daten wurden mit 21 gesunden Studienteilnehmer verglichen – beide Gruppen befanden sich 15 Minuten auf dem Fahrrad. Wenn Patienten unter PEM leiden, können laut den Forschern selbst alltägliche Aufgaben wie das Tragen von Lebensmitteln oder das Zähneputzen anstrengend sein.
Nach der Analyse von Blut- und Muskelgewebeproben stellten die Forscher fest, dass Long-Covid-Kranke verschiedene Anomalien im Muskelgewebe aufwiesen. Rob Wüst, Assistenzprofessor am Departement für menschliche Bewegungswissenschaften der VU Uni, erklärt: «Auf zellulärer Ebene haben wir gesehen, dass die Mitochondrien des Muskels, auch als Energiefabriken der Zelle bekannt, weniger gut funktionieren und weniger Energie produzieren.»
Höherer Anteil schnell zuckender Muskelfasern festgestellt
Die Ursache der Müdigkeit sei also tatsächlich biologischer Natur, so Wüst und fügt an: «Das Gehirn braucht Energie zum Denken. Muskeln brauchen Energie, um sich zu bewegen.» Dieser biologische Energieverlust sei spezifisch für Menschen mit PEM und werde bei anderen chronischen Erkrankungen nicht beobachtet.
Gegenüber «National Geographic» sagte Wüst: «Normalerweise wissen wir von allen anderen chronischen Krankheiten, dass Bewegung gut für uns ist, dass Bewegung Medizin ist. Allerdings geht es den Long-Covid-Patienten damit schlechter.»
Bei Long-Covid-Patienten wurde ausserdem ein höherer Anteil an schnell zuckenden Muskelfasern festgestellt, was ebenfalls einen Teil der Müdigkeit erklären könnte. Diese Muskelfasern verbrauchen schneller Energie, was bedeutet, dass sie schneller erschöpft sind.
«Wir wissen, dass es schwierig ist, die Fasertypen bei Menschen zu verändern, und dass dies nicht bei Inaktivität geschieht», sagte Wüst. «Etwas anderes verändert die Fasertypen.» Die Ursache dieser Änderung sei aber noch nicht klar.
Körper wird daran gehindert, sich vollständig zu erholen
Neben Veränderungen der Energieproduktion und der Muskelzusammensetzung stellte das Forschungsteam auch fest, dass Long-Covid-Kranke Muskelschäden hatten: Muskelnarben, Entzündungen und Blutgerinnsel vor und nach dem Training.
Schon Studien zuvor haben gezeigt, dass Menschen mit PEM Schwierigkeiten haben, sich vom Training zu erholen. Diese neueste Untersuchung zeigt jedoch, dass dies möglicherweise durch wiederholte Überanstrengung – selbst bei alltäglichen Aufgaben – verursacht wird. Der Körper wird sozusagen daran gehindert, sich vollständig zu erholen.
Die Experten halten fest, dass dieser Durchbruch dazu beitragen wird, geeignetere Behandlungen für Long-Covid-Kranke zu ermöglichen, auch wenn nicht alle zwangsläufig in gleicher Weise davon profitieren würden.
«Denken Sie daran, dass jeder Patient eine andere Grenze hat», sagte Brent Appelman, Forscher am Amsterdam UMC.