Dem Jetstream geht die Luft aus
Es ist zu heiss, um einen klaren Gedanken zu fassen, ausser vielleicht diesen: Warum? Den Ursachen der Hitzewelle ist higgs auf den Grund gegangen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die derzeitige Hitzewelle hat mit dem Klimawandel zu tun, aber auch mit wellenförmigen Höhenwinden.
- Sie entstehen an der Grenze zwischen heisser Süd- und kalter Nordluft und bewegen sich von West nach Ost um die Erde.
- Forscher haben beobachteten, dass diese Wellenbewegung bei extremer Hitze wie 2018 und jetzt zum Stillstand kommt.
Es ist heiss und es wird bis Ende der Woche so bleiben. Aber wieso eigentlich bleibt das Hochdruckgebiet, welches uns die Hitzewelle beschert, so beharrlich an Ort und Stelle?
Das hat unter anderem mit dem Jetstream zu tun. Das ist ein Wind, der sich in etwa 10 Kilometern Höhe von West nach Ost um den nördlichen Globus schlängelt. Die Schlangenlinien heissen Rossby-Wellen und von ihnen gibt es fünf bis sieben. Sie definieren die Grenze zwischen den kalten, polaren Luftmassen im Norden und den warmen, tropischen Luftmassen im Süden. Die heisse Luft strömt in den kalten Norden und der Temperaturunterschied bestimmt, wie schnell Luft von einem Ort an den anderen strömt, er treibt also den Jetstream an. Doch weil sich die Polkappen aufgrund des Klimawandels im Sommer immer mehr erwärmen, fällt auch der Motor für den Höhenwind weg.
«Wir sehen ganz klar, dass der Jetstream im Sommer immer schwächer wird, die Windgeschwindigkeiten nehmen ab», sagt Dim Coumou, Klimawissenschaftler am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Er und sein Team haben die Hitzewelle von 2018 untersucht. Diese zeigte ein ganz typisches Muster, welches Extremwetterlagen charakterisiert. Es zeigt sich darin, dass das Rossby-Band immer aus sieben Wellen besteht und dass es sich nicht mehr schlängelnd um den Globus bewegt, sondern an Ort und Stelle verharrt. Mit ihm verharren auch die Hochdruckgebiete im «Rücken» der Rossby-Wellen und das sorgt für Hitze, die über ein bis zwei Wochen andauert.
Auch in diesem Jahr
«Unsere Daten zeigen, dass wir im Moment ein sehr ähnliches Wellenmuster haben, wie während der Hitze im letzten Jahr», sagt Coumou. Das heisst sieben Wellen, die sich fast nicht bewegen. Das hat wahrscheinlich mit der Schwächung des Jetstreams zu tun, aber das untersuchen die Forschenden noch.
«Der dominante Effekt hinter der Zunahme an Hitzewellen ist aber sicherlich der Klimawandel, weil es einfach wärmer wird», sagt Coumou. Hitzewellen treten heute fünfmal häufiger auf als noch vor 100 Jahren.
Auch die Zuordnungs-Wissenschaftlerin Fredi Otto, die den Anteil des Klimawandels an Wetterereignissen erforscht, sagt: «In Europa ist der Klimawandel inzwischen an jeder Hitzewelle beteiligt, wie sehr ist allerdings von Ort zu Ort unterschiedlich.» Otto und ihr Team untersuchen zurzeit mit einer sogenannten Echtzeit-Studie den Einfluss des Klimawandels auf die aktuelle Hitzewelle. Zahlen werden sie voraussichtlich am kommenden Montag veröffentlichen.
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