Gefängnisse sind Brutstätten für resistente Tuberkulose-Erreger
Das Wichtigste in Kürze
- Ein schweizerisch-georgisches Forscherteam hat Tuberkulose-Erreger untersucht.
- Gefängnisse spielen dabei als Übertragungsherde eine wichtige Rolle.
Multiresistente Tuberkulose-Erreger können durch eine zweite Mutation eine höhere Virulenz erlangen. Als Übertragungsherde besitzen Gefängnisse dabei eine Schlüsselrolle, wie ein schweizerisch-georgisches Forschungsteam in Georgien nachgewiesen hat. Gegen antibiotikaresistente Bakterien sind viele Medikamente machtlos.
Dies birgt jedoch auch einen Nachteil für die Erreger. So können Erbgut-Mutationen, die zu einer Resistenz führen, die Virulenz beeinträchtigen. Allerdings kennen die Bakterien einen Trick: Sie machen eine zweite, sogenannte Kompensationsmutation durch - und können dadurch ihre Übertragungsfähigkeit zurück erlangen.
Mechanismus erstmals nachgewiesen
Diesen Mechanismus wiesen die Forschenden beim Erreger der Tuberkulose, dem Mycobacterium tuberculosis, nun erstmals in Georgien empirisch nach. Demnach verursachten von Mensch zu Mensch übertragene multiresistente Stämme 63 Prozent der dortigen Infektionen, wie sie im Fachmagazin «Nature Medicine» berichten. In anderen Ländern hätten diese Stämme einen verschwindend geringen Anteil am Infektionsgeschehen, schreiben die Uni Basel und das Schweizerische Tropen- und Public Health Instituts (Swiss TPH).
Insbesondere erwiesen sich die oftmals überbelegten und mangelhaft durchlüfteten Gefängnisse in Georgien als Übertragungs-Hotspots: «Die Chance, im Gefängnis an einer multiresistenten Tuberkulose zu erkranken, ist 100-mal höher als für einen Menschen, der ausserhalb der Gefängnismauern lebt», sagte der Letztautor und Mikrobiologe Sébastien Gagneux, der an der Uni Basel und dem Swiss TPH tätig ist.
Ein Drittel der Infektionen hängt mit Stämmen zusammen
Die Forschenden fanden ebenfalls heraus, dass Erreger mit Kompensationsmutationen eine um dreissig Prozent höhere Übertragungsfähigkeit aufweisen - und Gefängnisse eine Brutstätte für solche gefährlichen Keime sind. Weil die meisten Inhaftierten irgendwann entlassen werden, tragen sie die multiresistenten Keime nach draussen. So hingen gemäss der Studie rund ein Drittel der Fälle mit Infektionen solcher Stämme zusammen.
Das Problem: In die Forschung für Medikamente gegen die tödliche Infektionskrankheit fliessen nur wenige Gelder, und gegen erst kürzlich entwickelte Wirkstoffe liessen sich bereits wieder Resistenzen nachweisen. Der Kampf gegen die multiresistente Tuberkulose sei daher ein konstanter Wettlauf gegen die Zeit, so Gagneux.