KI erkennt kürzeste Gefühlsregungen besser als Therapeuten
Künstliche Intelligenz erkennt Gefühle besser als geschulte Therapeuten, zeigt eine Studie der Universität Basel.
Künstliche Intelligenz (KI) kann Gefühle anhand von Gesichtsausdrücken erkennen. In einer Machbarkeitsstudie von Forschenden der Universität Basel schnitt KI in einigen Teilen sogar besser ab als geschulte Therapeuten.
So erkannte die KI kürzeste Gefühlsregungen im Millisekunden-Bereich, beispielsweise ein kurzes Lächeln oder einen Ausdruck von Ekel. Solche sogenannten «Micro Expressions» können Therapeuten entgehen, wie die Universität Basel am Mittwoch mitteilte.
Videoaufzeichnungen von 389 Therapiesitzungen
Insgesamt beurteilte die KI Gesichtsausdrücke in psychotherapeutischen Situationen ähnlich verlässlich wie Menschen, wie der statistische Vergleich mit drei Therapeuten in der im Fachblatt «Psychopathology» erschienenen Studie zeigte.
Die Forschenden trainierten dazu ein frei verfügbares künstliches neurales Netz mit über 30'000 Gesichtsfotos auf die Erkennung der sechs Basisemotionen Glück, Überraschung, Ärger, Abscheu, Trauer und Angst. Diese so trainierte KI analysierte im Anschluss Videoaufzeichnungen von 389 Therapiesitzungen von 23 Borderline-Patientinnen und Patienten.
Überraschende Ergebnisse
«Es hat uns doch überrascht, dass relativ einfache KI-Systeme so robust Gesichtsausdrücke auf ihre Gefühlsregungen deuten können», wurde Erstautor Martin Steppan in der Mitteilung der Universität Basel zitiert.
Künftig könnte KI laut Steppan Psychotherapeutinnen und -therapeuten als Werkzeug dienen. Die Auswertung und Interpretation aufgezeichneter Gesichtsausdrücke für Forschungsprojekte oder eine Psychotherapie sind laut der Universität Basel sehr zeitaufwendig. Daher weichen Fachleute oft auf wenig verlässliche indirekte Methoden aus wie etwa die Leitfähigkeitsmessung der Haut, wie die Universität schrieb.
Die KI könnte Abhilfe schaffen und sich damit zu einem wichtigen Hilfsmittel in Therapie und Forschung entwickeln. Trotzdem bleibe aber das Zwischenmenschliche wichtig, betonte Steppan. Die therapeutische Arbeit sei in erster Linie Beziehungsarbeit und bleibe Damit eine menschliche Domäne. «Zumindest vorläufig», so der Psychologe.