Vererbung: Trauma können an Nachkommen weitergegeben werden
Forscher der Uni Zürich haben herausgefunden: Eine Traumatisierter kann gesundeheitliche Beeinträchtigungen an seine Kinder weiter vererben.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Traumatisierter kann gesundheitliche Beeinträchtigungen an die Kinder weitervererben.
- Dies fanden Forscher der Universität Zürich im Mausmodell heraus.
- Besonders auffällig waren dabei die Veränderungen bei Fettstoffwechsel.
Kinder von traumatisierten Menschen leiden oft unter Krankheiten. Das liegt an der Erziehung, denkt man als Laie. Dabei ist die Vererbung Schuld. Zürcher Hirnforscher haben aber jetzt herausgefunden, dass Traumatisierte gesundheitliche Beeinträchtigungen über das Blut an ihre Nachkommen vererben.
Im Mausmodell wies ein Team des Instituts für Hirnforschung der Universität Zürich (UZH) nach: Frühe traumatische Erlebnisse wirken sich auf die Blutzusammensetzung aus. Sie fanden zahlreiche signifikante Unterschiede zwischen dem Blut von traumatisierten Tieren und einer normal aufgewachsenen Kontrollgruppe.
Veränderungen bei Fettstoffwechsel besonders auffällig
Besonders auffällig waren Veränderungen im Fettstoffwechsel. Und diese fanden sich auch bei den Nachkommen der betroffenen Tiere. Durch die Vererbung entwickelten auch deren Nachkommen die Symptome eines Traumas. «Ein eindrücklicher Beweis dafür, dass das Blut Stressbotschaften an die Keimzellen weiterleitet», heisst es in einer Mitteilung der UZH.
Die Forschenden untersuchten daraufhin, ob es ähnliche Effekte auch bei Menschen gibt: Hierzu analysierten sie in einem pakistanischen SOS-Kinderdorf Blut und Speichel von 25 Kindern. Deren Väter waren gestorben und sie wuchsen getrennt von der Mutter auf. Im Vergleich zu Kindern aus intakten Familien waren bei diesen Waisen ebenfalls mehrere Faktoren des Fettstoffwechsels erhöht.
«Die traumatischen Erfahrungen dieser Kinder sind sehr gut vergleichbar mit unserem Mausmodell und ihr Metabolismus weist ähnliche Blutveränderungen auf.» So die Neuroepigenetik-Professorin Isabelle Mansuy vom Hirnforschungsinstitut der Universität Zürich und dem Institut für Neurowissenschaften der ETH Zürich.
Ein Viertel der Kinder weltweit leiden unter Gewalt und Missbrauch
«Dies veranschaulicht, wie wichtig die Forschung an Versuchstieren ist, um grundlegende Erkenntnisse für die menschliche Gesundheit zu gewinnen.» Weltweit leiden bis zu einem Viertel der Kinder unter Gewalt, Missbrauch und Vernachlässigung. Dies kann im späteren Leben zu Krankheiten führen.
In weiteren Experimenten deckte das Team einen molekularen Mechanismus auf. Über diesen werden die Faktoren des Fettstoffwechsels Signale an die Keimzellen weitergeben. Hierbei spielt der sogenannte PPAR-Rezeptor auf der Zelloberfläche eine Schlüsselrolle: Er wird durch Fettsäuren aktiviert und reguliert die Genexpression und DNA-Struktur in vielen Geweben. Es stellte sich heraus, dass dieser Rezeptor in den Spermien der traumatisierten Mäuse hochreguliert ist.
Eine künstliche Aktivierung des Rezeptors führte zudem bei männlichen Mäusen sowie deren Nachkommen zu niedrigerem Körpergewicht und Störungen im Zuckerstoffwechsel. Aus diesen und weiteren Experimenten schliessen die Forschenden: Die Aktivierung des PPAR-Rezeptors in den Spermien hat eine wichtige Bedeutung für die Vererbung der durch Traumata hervorgerufenen metabolischen Effekte.
Trauma beeinflusst bei Vererbung auch körperliche Gesundheit
«Unsere Ergebnisse zeigen: Dass ein Trauma im frühen Leben nicht nur die psychische, sondern auch die körperliche Gesundheit im Erwachsenenalter generationenübergreifend beeinflusst. Zum Beispiel den Fettstoffwechsel und den Zuckerhaushalt», sagt Mansuy. «Dies wird in der Klinik nur selten berücksichtigt.»
Eine bessere Kenntnis der biologischen Prozesse dahinter könnte deshalb in Zukunft helfen. Die späten Folgen von Traumata könnten so durch medizinische Vorsorge verhindert werden.