Wahlen in Bosnien und Herzegowina mit tiefer Wahlbeteiligung
Dodik, Dzaferovic und Komsic – so heisst das künftige Dreiergremium an der Spitze von Bosnien und Herzegowina. Das Regieren des Landes wird nicht einfach.
Das Wichtigste in Kürze
- Bosnien und Herzegowina hat gewählt.
- Zwei Nationalisten und ein EU-Befürworter schaffen den Sprung in die Regierung.
- Die Wahlbeteiligung lag nur rund 53 Prozent.
Ein Land, zwei Teilstaaten, drei Nationen und drei Staatspräsidenten: Die Ausgangslage für die Wahlen in Bosnien-Herzegowina ist seit Jahren komplex. Und es war auch an diesem Wochenende nicht einfach, traten auf die rund 600 Ämter auf den verschiedenen Ebenen des Landes fast 7500 Kandidaten an.
Auch um die drei Sitze des Staatspräsidiums des Balkanstaates – in dem je ein Vertreter der muslimischen Bosniaken, der orthodoxen Serben und den katholischen Kroaten sitzen muss – waren deren 15 Kandidaten angetreten. Waren die Gewinner bei den Serben und den Bosniaken nicht besonders überraschend, erstaunt die Wahl von Zeljko Komsic bei der kroatischen Bevölkerung dafür umso mehr. Er hat die Wahl vor dem jahrelangen Führer der Kroaten und bisherigen Mitglieds des Dreiergremiums Dragan Covic geschafft.
Wechsel bei den Kroaten
Der unterlegene Nationalist Covic räumte danach seine Niederlage ein, warnte aber gleichzeitig von einer «nie gesehene Krise». Für ihn ist klar, hinter der Wahl seines Kontrahenten – dem als moderat geltenden Komsic – stehen nicht seine kroatischen Landsleute, sondern die Bosniaken. «Ihr könnt für die Kroaten nicht deren Präsidenten wählen», meinte er an deren Adresse. Dass er nun versuchen wird, die politischen Gremien im gesamten Land lahmzulegen, kündete Covic schon im Vorfeld der Wahlen an.
Wahlsieger Komsic hingegen setzt auf versöhnliche Töne: «Ich werde allen Bürgern dienen», sagte er nach seiner Wahl. Der mitte-links Politiker steht für die Anbindung des Staates an die EU und die Nato.
Bosniaken und Serben setzen auf Nationalisten
Bei der grössten Bevölkerungsgruppe des Landes – den Bosniaken – setzt sich mit Sefik Dzaferovic wie erwartet der Kandidat aus dem nationalistischen Flügel der Bevölkerung durch. Die Wahl von Dzaferovic als Vertreter der grössten bosniakischen Partei SDA war so gut wie klar.
Anders die Wahl des Nationalisten Milorad Dodik bei den Serben. Seit 2010 ist Dodik Präsident der Teilrepublik Srpska im Norden und Westen des Landes. Die mutmassliche Vertuschung eines Mordes an einem jungen Mann durch die Behörden des Teilstaates konnte demnach – trotz monatelangen Protesten – dem Russland- und Putin-Freund nichts anhaben. Nun erklärte er in seiner Siegesansprache: «Republika Srpska hat Vorrang.» Damit macht er die schwache Andeutung, die Abspaltung des Teilstaates Srpska vom bosnischen Gesamtstaat vorantreiben zu wollen.
Tiefe Wahlbeteiligung
Dass an diesem Wochenende nur rund 53 Prozent der 3,4 Millionen Bosnier den Weg an die Urne antraten, hat wohl diverse Gründe. Eine wichtige Ursache ist sicher das komplexe und schlecht funktionierende politische System. Hinzu kommt, dass die Wahl des Staatspräsidiums gar nicht so entscheidend ist, liegen dessen Kompetenzen quasi nur bei der Aussen- und Verteidigungspolitik. Die bedeutenden Bereiche Wirtschaftspolitik, innere Sicherheit und Bildung hingegen liegen bei den beiden Regierungen der autonomen Teilstaaten.
Schliesslich sorgt auch die Armut, die hohe Arbeitslosigkeit und die Korruption für Missmut und Politikverdrossenheit in der Bevölkerung. In den letzten fünf Jahren haben rund 150'000 Bosnier dem Land den Rücken gekehrt.
Seit dem Bosnienkrieg zwischen 1992 und 1995 ist das Land in die zwei Entitäten geteilt. In der Republik Srpska leben mehrheitlich orthodoxe Serben. Sie machen rund ein Drittel der gesamten bosnischen Bevölkerung aus. Die Föderation Bosnien und Herzegowina wird mehrheitlich von den muslimischen Bosniaken und den katholischen Kroaten bewohnt. Die Bosniaken sind mit rund 50 Prozent die grösste Bevölkerungsgruppe des Staates. Die Kroaten machen rund 15 Prozent aus.