Aarau: Kritik an der Arbeit der privaten Mobilen Ärzten im Aargau
Im Kanton Aargau führt der Einsatz der Mobilen Ärzten statt der früheren Amtsärzten zu Problemen.
Dies hat der Regierungsrat in der Antwort auf einen parlamentarischen Vorstoss eingeräumt. Ärzte, Institutionen, Polizei und Behörden sind mit der Arbeit des privaten Leistungserbringers nicht zufrieden.
Das System der Amtsärzte wurde im Aargau vor vier Jahren abgeschafft. Es war immer schwieriger, Hausärzte zu finden, die diese Aufgaben im Milizsystem übernahmen.
Das Institut für Rechtsmedizin (IRM) des Kantonsspital Aarau ist seit Anfang 2017 für alle rechtsmedizinische Leistungen bei Legalinspektionen (Leichenbeschau) zuständig. Für Aufgaben wie der Fürsorgerische Freiheitsentzug (FU) - in der Regel eine zwangsweise Einweisung in die Psychiatrie - schloss der Kanton Verträge mit privaten Leistungserbringern ab.
Der wichtigste Player ist das private Unternehmen mobile ärzte AG mit Sitz in Allschwil BL. Der Kanton übertrug der Privatfirma die Aufgabe für die Anordnung von FU sowie Prüfungen der Hafterstehungsfähigkeit vor Haftantritt wie auch Prüfungen der Einvernahmefähigkeit.
In der Praxis gibt es jedoch viele Probleme, wie aus der am Donnerstag publizierten Antwort des Regierungsrats zu einer Interpellation aus den Reihen der EVP im Grossen Rat hervorgeht. Die Sprachkenntnisse der Ärzte seien schlecht, es bestehe eine mangelnde Empathie den Angehörigen und Patienten gegenüber und es würden hohe Rechnungen gestellt.
Im Bereich der Psychiatrie sei die Kompetenz mangelnd, hält der Regierungsrat in der Stellungnahme fest. Er stützt sich bei dieser Kritik auf Umfragen bei Ärztinnen und Ärzten im Aargau. Diese werten es als positiv, dass sie als Grundversorger entlastet werden.
Auch die Rettungsdienste äusserten sich in einer Umfrage mehrheitlich «primär negativ». Die Mobilen Ärzte stammten oftmals aus dem Ausland, hätten geringe Kenntnisse des schweizerischen Gesundheitswesens, insbesondere hinsichtlich regulatorischer Vorgaben, heisst es.
Eine wichtige Aufgabe des Unternehmens ist auch die Fürsorgerische Unterbringung (FU) in eine Einrichtung der Psychiatrischen Dienste Aargau (PDAG).
Der Pflicht, die in das Recht auf persönliche Freiheit eingreifende FU zu begründen, kommt die mobile ärzte AG gemäss PDAG oftmals «nur lückenhaft» nach. Das führe zu Beschwerden von Patienten, insbesondere auch vor dem Verwaltungsgericht, und Kritik von Medizinalpersonen der PDAG.
Hier sieht die PDAG einen grossen Verbesserungsbedarf, wie es in der Stellungnahme des Regierungsrats heisst. Auch formale Aspekte wie falsch oder unleserlich ausgefüllte Formulare oder fehlende Unterschriften führten immer wieder zu einem grösseren administrativen Aufwand.
Wegen langer Wartezeiten ergäben sich bei der Prüfung der Hafterstehungsfähigkeit vor Haftantritt oder bei der Prüfung der Einvernahmefähigkeit Probleme. Die mobile ärzte AG sei oft nicht innerhalb der vorgegebenen 60 Minuten ab Aufgebot vor Ort.
Während der Wartezeiten könnten die betroffenen Polizeipatrouillen keine anderen sicherheits- oder kriminalpolizeilichen Aufträge erledigen. Dies gelte sowohl für die Kantons- wie auch für die Regionalpolizeien, schreibt der Regierungsrat. Es bestehe weiterer Verbesserungsbedarf. Das letzte Gespräch mit dem Unternehmen habe im November stattgefunden.
Die mobile ärzte AG rekrutiert ihr Personal laut Regierungsrat nach den in der Privatwirtschaft üblichen Prozessen. Personen, die bei diesem Unternehmen arbeiten wollen, müssen in gesundheitspolizeilicher Hinsicht beim Kanton um eine Bewilligung ersuchen. Oftmals seien diese Ärzte bereits in Nachbarkantonen tätig und ersuchten um eine sogenannte 90-Tage-Bestätigung im Aargau, heisst es.
Weil die mobile ärzte AG nicht den öffentlich-rechtlichen Grundsätzen untersteht, kann sie nach den üblichen betriebswirtschaftlichen Prinzipien geführt werden, wie der Regierungsrat schreibt. Mit der nächsten Anpassung des Leistungsvertrags werde ein neues Kapitel «Controlling» aufgenommen, das eine Beurteilung des Geschäftsgangs ermögliche.