Aufsicht untersucht Vorwürfe am Bundesstrafgericht
Nach Vorwürfen wegen mutmasslicher Missstände am Bundesstrafgericht in Bellinzona hat die Aufsicht eine Untersuchung eingeleitet. Das dafür zuständige Bundesgericht will unter anderem Einvernahmen mit beteiligten Personen durchführen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Verwaltungskommission des Bundesgerichts eröffnete bereits am 6. Januar ein aufsichtsrechtliches Verfahren und verlangte Auskunft vom Gericht in Bellinzona, wie Bundesgerichtssprecher Peter Josi am Samstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagte.
Er bestätigte Informationen der Tamedia-Zeitungen (Samstagsausgabe).
Anlass für die Untersuchung sind Medienberichte über angebliche Missstände am Gericht. Das Bundesgericht nimmt aufgrund der laufenden Untersuchung keine Stellung dazu, welche Vorwürfe genau abgeklärt werden. In den vergangenen Monaten berichteten Medien unter Berufung auf Insider von Machtkämpfen, Günstlingswirtschaft, Spesenexzessen, Mobbing und Sexismus am Bundesstrafgericht.
Am vergangenen Donnerstag kam das Strafgericht der Aufforderung der Aufsicht nach und reichte beim Bundesgericht seine Stellungnahmen zu den angeblichen Vorfällen ein. Diese würden nun von der Verwaltungskommission in der kommenden Woche analysiert, teilte der Bundesgerichtssprecher weiter mit. Die Aufsicht wolle zudem in nächster Zukunft Einvernahmen mit beteiligten Personen durchführen.
Die Vorwürfe sind auch Thema im eidgenössischen Parlament. Die Geschäftsprüfungskommissionen verlangt vom Bundesgericht einen schriftlichen Bericht zur Einschätzung der Lage. Das Papier soll bis am 6. April vorliegen.
Das Bundesstrafgericht in Bellinzona existiert seit 2004 und wurde im Zuge der Vereinheitlichung des Strafprozessrechts geschaffen. Das Tribunal behandelt Bundesstrafsachen wie Terrorismus, Korruptionsdelikte, Wirtschaftskriminalität oder organisiertes Verbrechen. An dem Gericht sind rund achtzig Personen tätig, davon 21 Richterinnen und Richter. Das Präsidium ist in SVP-Hand und deutschsprachig. Der Umstand hatte bei der Wahl in der Vereinigten Bundesversammlung im Dezember für Kritik gesorgt.