Banker sind passé – Die meisten Kokser sind Normalos
Vier Schweizer Städte sind im europäischen Kokain-Vergleich unter den Top 10. Das Koks hierzulande ist besonders sauber und längst im Mainstream angekommen.
Das Wichtigste in Kürze
- Zürich, St. Gallen, Bern und Genf zählen zu den 10 Städten mit dem höchsten Kokainkonsum.
- Die Droge ist längst Mainstream, der Grossteil wird aber von wenigen Personen konsumiert.
- Sucht Schweiz will bei der Prävention noch vor dem Erstkonsum ansetzen.
Pünktlich zum Winteranfang ist die Schweiz in den Top-10 der schneereichsten Städte Europas gleich vier Mal vertreten. Das ist aber wenig erfreulich, denn das Ranking befasst sich nicht etwa mit dem Wetter, sondern mit dem Konsum von Kokain. Im Abwasser von Zürich (2), St. Gallen (4), Bern (6) und Genf (9) wurden jeweils hohe Koks-Rückstände gemessen.
Das weisse Pulver ist nach Marihuana die meist konsumierte Droge in der Schweiz. Seit über fünf Jahren nehmen die registrierten Betäubungsmittelgesetz-Verstösse wegen Koks stetig zu. «Sucht Schweiz» ist besorgt ab diesem Trend.
Reinheitsgrad beeinflusst Statistik
Schätzungsweise rund fünf Tonnen Kokain konsumieren die Schweizer pro Jahr, warnt Mediensprecherin Monique Portner-Helfer. Das lässt sich aus einer detaillierten Abwasserstudie im Kanton Waadt hochrechnen und entspricht rund 80 Prozent des hiesigen Stimulanzienmarkts.
Die hohen Platzierungen unserer Städte im EU-Vergleich haben aber auch mit etwas anderem als nur dem Volumen zu tun. Tatsächlich hängen die Abwasserrückstände auch mit dem hohen Reinheitsgrad der hier gehandelten Droge zusammen. Das kostet: In der Schweiz werden zwischen 47 und 57 Millionen Franken mit Kokain pro Jahr umgesetzt.
Das Banker-Klischee ist passé
Kokain hat sich von einer Nischendroge längst zum Mainstream entwickelt. «Kokainkonsum beschränkt sich heute nicht mehr nur auf bestimmte Szenen, sondern hat den Zugang zu weiteren Bevölkerungsgruppen gefunden», sagt Portner-Helfer.
In der Drogenszene, an Partys, bei Managern, in der Künstlerszene oder auch im Prostituiertenmilieu werde mittlerweile viel konsumiert.
Das Klischee der zugedröhnten Banker ist längst passé. Stattdessen glaubt Sucht Schweiz, dass rund 80 Prozent aller Konsumierenden lediglich nur ein bis zwei Mal pro Monat koksen. Normalos, die Freunden oder im Ausgang konsumieren.
«Demgegenüber stellen die regelmässig Konsumierenden (...) nur rund 20 Prozent dar. Sie konsumieren aber 80 Prozent der Gesamtmenge.» Bei den sozial wenig Integrierten handle es sich oft um ehemalige oder gegenwärtige Heroinsüchtige. Die Anzahl konsumierender Männer ist ausserdem mehr als doppelt so hoch wie bei den Frauen.
Prävention muss vor Erstkonsum passieren
Ein grosses Problem bei Koks: Weil es eine stark abhängig machende Substanz ist, müsste das primäre Ziel der Prävention der Nichteinstieg sein, sagt Portner-Helfer.
Dabei reiche es nicht aus, vor einem Erstkonsum nur über die Gefahren zu informieren. «Wer glaubt, dass eine Substanz von vielen konsumiert wird, unterschätzt oft auch Risiken, die dieser Konsum mit sich bringt.»
Beim Konsum rät Sucht Schweiz, nicht zu lange zu zögern und Hilfe von einer Beratungsstelle für Drogenprobleme beizuziehen: Anlaufstellen für Betroffene und auch für deren Angehörige sind die regionalen Suchtberatungsstellen. Adressen finden sich im Telefonbuch oder unter www.suchtindex.ch. Auch Sucht Schweiz vermittelt Adressen: Tel. 0800 104 104 .