Die Kundschaft sei in letzter Zeit «massiv zurückgegangen», sagt Mitinhaber Ivo Sprunger. Die rot-grüne Stadt kauft Lebensmittel wohl lieber verpackt.
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«Es fehlen die Menschen»: Ivo Sprunger. - OnlineReports.ch / Jan Amsler

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Abfüllerei im Basler Gundeli muss schliessen.
  • Grund für das Aus des Unverpackt-Ladens ist ein massiver Verlust an Kundschaft.
  • Einen Einfluss haben dabei auch die Detailhandel-Riesen Coop und Migros.
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An der Wand hängen Behälter mit Nüssen, Reis, Müesli, Teigwaren. Öl kann man direkt aus metallenen Tanks abfüllen. Auch sonstige Haushaltswaren wie nachhaltige WC-Bürsten, Waschmittel und Seifen sind im Angebot.

Die Abfüllerei im Basler Gundeli ist sauber, übersichtlich und aufgeräumt. Trotzdem: «Es fehlen die Menschen», sagt Ivo Sprunger.

Er hat den Unverpackt-Laden zusammen mit Simone Häberle vor sieben Jahren aufgebaut. Am 28. Juni schliesst der Betrieb – für immer.

Die Kundschaft sei seit etwa anderthalb Jahren «massiv zurückgegangen», sagt Sprunger. Sie hätten mit Werbung, Aktionen und neuen Angeboten versucht, das Geschäft anzukurbeln, doch es habe nichts mehr gebracht.

Suche nach Erklärungen

Sprunger steht an diesem Dienstagmorgen alleine im Geschäft, wiegt ab, was die vereinzelten Kundinnen und Kunden auf die Verkaufstheke legen, und kassiert ein. Sie komme vor der Schliessung sicher noch einmal vorbei, verspricht eine Kundin. Sie bedauert das Ende der Abfüllerei.

Hat sich das Bewusstsein für nachhaltiges Einkaufen verändert? Sprunger hat darauf keine eindeutige Antwort. Womöglich seien verschiedene Faktoren für das Scheitern verantwortlich: Die Budgets sind wegen der Inflation und der gestiegenen Energiepreise kleiner, vielleicht spare man deshalb beim Essen.

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Ivo Sprunger muss seinen Unverpackt-Laden aufgeben. - OnlineReports.ch / Jan Amsler

Zudem sei der «Irrglaube» verbreitet, dass die Bio-Produkte in der Abfüllerei teurer seien als anderswo. Auch eine Online-Umfrage habe keine weiteren Erkenntnisse gebracht.

Am Standort – an der Güterstrasse unweit des Bahnhofs SBB – könne es kaum liegen. Und den Bio-Laden in unmittelbarer Nähe betrachtet Sprunger nicht als Konkurrenz, da die Waren dort verpackt seien. Da hat die Unverpackt-Abteilung in der benachbarten Coop-Filiale, die kurioserweise «Abfüllerei» heisst, wohl grösseren Einfluss.

Sprunger ist 44 Jahre alt, gelernter Koch und Sozialpädagoge. Er sei traurig, ernüchtert und auch wütend – und manchmal alles miteinander. Aber er will den Kopf nicht hängen lassen und glaubt, dass nachhaltige Einkaufs-Möglichkeiten eine Zukunft haben. Sprunger scheint Ideen zu haben, will sie aber noch für sich behalten.

Trend wendete nach Corona

Zu Beginn lief es gut. Sprunger spricht von einer «positiven Stimmung», die er auch auf die Klima-Proteste zurückführt. Vier Angestellte hatte die Abfüllerei zu besten Zeiten, heute beschäftigt das Unternehmen nur noch einen Mitarbeiter. Während des Corona-Lockdowns eröffneten Sprunger und Häberle in Liestal eine Filiale mit integriertem Café – nach eineinhalb Jahren war aber bereits wieder Schluss.

Die Schliessung der Abfüllerei passt zum Trend. Unverpackt-Läden machen schweizweit zu. Die Stadt Zürich zählte einst fünf Geschäfte, heute kein einziges mehr. In Ormalingen hat der Unverpackt-Laden Mitte Mai ebenfalls geschlossen.

Die Umsätze seien nach der Corona-Pandemie eingebrochen «und sind seither nicht wieder gestiegen, sondern kontinuierlich gesunken», heisst es auf der Website. In der zweiten Filiale in Sissach hilft ein «Ladenkaffi», das Geschäft mitzutragen.

Ineichen: «Gerade in Stresssituationen war es oft mit viel Aufwand verbunden»

Die These liegt nahe: Die Menschen kaufen lieber verpackte Nahrungsmittel. Das trifft nicht auf Anina Ineichen zu. Die Basler Grünen-Grossrätin und Regierungskandidatin wohnt an der Güterstrasse und ist Kundin der Abfüllerei. Sie bedaure die Schliessung sehr, sei aber nicht überrascht, dass das Konzept nicht aufgegangen sei, sagt sie.

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Der Unverpackt-Laden befindet sich nicht weit entfernt vom Basler Bahnhof SBB. - keystone

Oft sei sie alleine im Laden gewesen. «Ich habe mich immer sehr bemüht, dort einzukaufen. Aber gerade in Stresssituationen war es oft mit viel Aufwand verbunden.» Man brauche Zeit, weil man sich vor dem Einkaufen jeweils gut überlegen müsse, welche und wie viele Behälter man benötigt.

Ineichen sieht auch einen Zusammenhang mit den Grossverteilern wie Coop oder Migros, die immer mehr Produkte zum Abfüllen anböten. «Das ist einerseits eine gute Entwicklung, andererseits macht es aber die kleinen Läden kaputt.»

Landrätin Jaun musste Laden aufgeben

Auch Désirée Jaun glaubt, dass der Zeitfaktor eine wichtige Rolle spiele. Die Baselbieter SP-Landrätin und Birsfelder Gemeinderätin führte bis Ende April den Unverpackt-Laden Füllstelle in Birsfelden. Die Feedbacks der Leute seien immer sehr positiv gewesen, sagt sie.

Dennoch habe sie verhältnismässig nur wenige Stammkundinnen und -kunden gehabt. «Bei mir hat man nicht alles gefunden und musste für den Rest trotzdem noch in den Coop oder in die Migros.» Zudem seien wohl viele davon ausgegangen, dass ihre Produkte teurer seien. Sie habe sich aber bemüht, die Preise an jene der Grossverteiler anzupassen.

Wünschst du dir bei Lebensmitteln mehr Nachhaltigkeit?

Basel unverpackt, den letzten typischen Unverpackt-Laden in Basel, gibt es zwar noch. Doch gemäss Website würden die Umsatzzahlen auch bei der Genossenschaft am Erasmusplatz «sinken/stagnieren». Man habe Massnahmen zum Sparen und zur Umsatzsteigerung vorgenommen.

Veränderungen an der Güterstrasse

Sprunger und Häberle müssen jetzt Abschied nehmen. Sie stehen in Kontakt mit anderen Unverpackt-Läden und versuchen, die restliche Ware loszuwerden. Schulden hinterlasse man keine, sagt Sprunger. Und wegwerfen will man, natürlich, möglichst nichts.

Apropos wegwerfen: Das Ende der Abfüllerei ist die zweite Veränderung bei den Einkaufsmöglichkeiten an der Güterstrasse. Vor Kurzem hat «OnlineReports» publik gemacht, dass die Gründer des BackwarenOutlet aufhören. Im Gegensatz zur Abfüllerei soll das Anti-Foodwaste-Geschäft aber weiterbestehen. Die Suche nach einer passenden Nachfolge ist im Gang.

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Hinweis: Dieser Artikel wurde zuerst im Basler Newsportal «OnlineReports» publiziert.

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