Beide Basel wollen mit gemeinsamen Spitallisten Überangebot abbauen
Als erste Kantone in der Schweiz haben Baselland und Basel-Stadt gleichlautende Spitallisten erstellt und verabschiedet. Sie haben das Ziel, medizinische Überangebote zu reduzieren und das Kostenwachstum im Gesundheitswesen zu dämpfen.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Baselbieter Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektor Thomas Weber (SVP) und sein baselstädtischer Kollege Lukas Engelberger (die Mitte) sprachen an einer Medienkonferenz am Donnerstag von einem «moderaten Koordinations- und Konzentrationsprozess».
In 17 Spitalleistungsgruppen werde die Menge der Leistungen aber um rund 3200 Fälle pro Jahr reduziert, was Einsparungen von knapp 34 Millionen Franken pro Jahr zur Folge haben werde.
Die Zahl der reduzierten Fälle entspricht der Hälfte der in einer unabhängigen fachlichen Evaluation als medizinisch nicht erklärbare Eingriffe deklariert wurden. Betroffen sind vor allem Leistungsgruppen aus den Bereichen Bewegungsapparat oder Orthopädie, Urologie, Hals-, Nasen- Ohren-Heilkunde, Augenheilkunde und Kardiologie. So ist zum Beispiel im Bereich Bewegungsapparat bis 2024 eine Reduktion der stationären Fallzahlen um rund ein Viertel eingeplant.
Die Spitalleistungen wurden in einem 2019 lancierten Bewerbungsverfahren der Spitäler vergeben. Beworben hätten sich 35 Kliniken aus den beiden Basel und den angrenzenden Kantonen Solothurn und Aargau, sagte Engelberger. 31 davon hätten Leistungsaufträge erhalten.
Aufgrund des eruierten Überangebots im Bereich Bewegungsapparat seien private Kliniken bei der anvisierten Reduktion stärker betroffen, sagte Peter Berchtold, Präsident der Fachkommission, die den Prozess zu einer bedarfsorientierten Versorgungsplanung eng begleitet hat. Auf der anderen Seite sei die Hochschulmedizin mit Lehre und Forschung tendenziell bevorzugt aus dem Prozess herausgekommen.
Insgesamt seien 157 von 466 Leistungsaufträge nicht mehr erneuert worden, sagte Engelberger. Zum Teil hätten die Spitäler von sich aus auf eine Erneuerung verzichtet, in anderen Fällen seien diese «aufgrund von methodisch gestützten Entscheiden» nicht mehr vergeben worden.
Das betraf auch die grossen öffentlich-rechtlichen Spitälern, die neu nicht mehr als Betriebe, sondern aufgrund ihrer Standorte bewertet wurden. So kam es in den neuen Spitallisten zum Teil zu markanten Verschiebungen zum Beispiel zwischen den beiden Standorten Liestal und Bruderholz des Kantonsspitals Baselland oder zwischen dem Hauptcampus und dem Orthopädie-Standort Gellertstrasse des Universitätsspitals Basel.
Die beiden Gesundheitsdirektoren betonten an der Medienkonferenz aber, dass die gemäss Krankenversicherungsgesetz garantierte Wahlfreiheit nicht wegfallen werde. In 95 Prozent der Leistungsgruppen könnten die Patientinnen und Patienten auch in Zukunft auf vier oder mehr Anbieter auf dem Markt zurückgreifen. Die restlichen 5 Prozent beträfen hochspezialisierte medizinische Angebote.
Die neuen gleichlautenden Spitallisten gehen auf einen Staatsvertrag zwischen den beiden Kantonen zurück, der in einer Volksabstimmung 2019 klar angenommen worden war - im Gegensatz zum Anliegen, die beiden öffentlich-rechtlichen Spitäler zu fusionieren, das keine Mehrheit gefunden hatte.
Die Spitallisten treten im Bereich Akutsomatik am 1. Juli in Kraft und sind bis 2025 befristet. In einem zweiten Schritt werden ab 2024 die Bereiche Rehabilitation und Psychiatrie der gemeinsamen Versorgungsplanung unterworfen.