Beobachtungsstelle fordert tiefere Hürden für humanitäre Visa
Das Wichtigste in Kürze
- Eine Beobachtungsstelle fordert tiefere Hürden für humanitäre Visa.
- Die Schweizer Behörden handhaben die Vergabe laut der Stelle sehr restriktiv.
- Die Zahl der ausgestellten Visa ist in den letzten Jahren zurückgegangen.
Die Schweiz sollte grosszügiger sein bei der Vergabe humanitärer Visa. Das fordert die Schweizerische Beobachtungsstelle für Asyl- und Ausländerrecht (SBAA). Aus ihrer Sicht ist die heutige Praxis zu restriktiv.
Früher war es möglich, auf einer Schweizer Botschaft im Ausland ein Asylgesuch zu stellen. Diese Möglichkeit ist 2012 abgeschafft worden. Damit sei ein wichtiger legaler Fluchtweg gekappt worden, kritisiert die SBAA in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht.
An Bedeutung gewonnen habe damit das humanitäre Visum, das eine Einreise in die Schweiz erlaubt. Doch die Schweizer Behörden handhabten die Vergabe sehr restriktiv. Damit müssten viele schutzbedürftige Personen in prekären und bedrohlichen Situationen ausharren oder sich auf eine gefährliche Flucht begeben.
Visa-Zahl in letzten Jahren zurückgegangen
Die Zahl der ausgestellten Visa ist in den letzten Jahren zurückgegangen. 2018 wurden laut der Beobachtungsstelle 233 humanitäre Visa vergeben. 2017 waren es 255 gewesen, im Jahr davor 463. Die meisten humanitären Visa werden an syrische Staatsangehörige vergeben. Für Personen aus anderen Ländern seien die Chancen gering, heisst es im Bericht.
Um eine Chance auf ein humanitäres Visum zu haben, muss die betroffene Person unmittelbar, ernsthaft und konkret an Leib und Leben gefährdet sein und sich in einer besonderen Notsituation befinden, die ein behördliches Eingreifen zwingend erforderlich macht.
Aus Sicht der SBAA ist das eine zu hohe Hürde. Im Bericht beschreibt die Beobachtungsstelle Fälle, in welchen die Behörden Anträge auf ein humanitäres Visum ablehnten. Zusätzlich erschwert werde der Zugang zu den Visa durch formale und technische Hürden, kritisiert sie.
Menschenrechte sollen einbezogen werden
Die Informationen durch Schweizer Vertretungen im Ausland und durch das Staatssekretariat für Migration (SEM) seien mangelhaft und zuweilen widersprüchlich. Die Beobachtungsstelle fordert, dass ein einheitliches Merkblatt veröffentlicht wird. Damit Schutzsuchende ihrer Mitwirkungspflicht nachkommen könnten, müssten die Anforderungen konkretisiert werden, schreibt sie.
Zudem müsse der Zugang zu den verantwortlichen Behörden für alle sichergestellt sein, beispielsweise auch für erkrankte oder inhaftierte Personen.
Weiter fordert die Beobachtungsstelle, dass grundlegende Menschenrechte wie das Recht auf Familienleben und das Kindeswohl bei Entscheiden einbezogen werden. Besonders problematisch sei der häufige Verweis der Behörden auf alternative Schutzmöglichkeiten durch Drittstaaten, das UNHCR oder Familienmitglieder, heisst es im Bericht.
Die Schweizerische Beobachtungsstelle für Asyl- und Ausländerrecht SBAA wurde 2008 gegründet. Sie beobachtet, wie die Gesetze in den asyl- und ausländerrechtlichen Verfahren angewendet werden und welche Auswirkungen sie auf die betroffenen Personen haben.