Im Kanton Bern wird kein Moratorium für die neue 5G-Technologie im Mobilfunk ausgerufen. Der bernische Grosse Rat hat am Dienstag nach leidenschaftlicher Diskussion verzichtet, der Kantonsregierung einen solchen Auftrag zu erteilen.
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Litauen warnt vor unsicheren chinesischen 5G-Smartphones - dpa

Zwei Vorstösse lagen dem Kantonsparlament vor. Mit dem ersten wollte eine Gruppe von Grossratsmitgliedern den Regierungsrat beauftragen, solange ein Moratorium für 5G-Antennen zu erlassen, bis ein Bericht des Bundesamts für Umwelt zu den Risiken dieser Technologie vorliegt. Erstunterzeichnerin dieses Vorstosses war Moussia von Wattenwyl (Grüne/Tramelan).

Der zweite Vorstoss stammte von Anne-Caroline Graber (SVP/Neuenstadt) und Mitunterzeichnern. Diese Grossratsmitglieder forderten ein 5G-Moratorium aufgrund von Sicherheitsbedenken. Dass ein chinesisches Unternehmen beauftragt worden sei, in der Schweiz die neuen 5G-Antennen zu installieren, werfe Fragen nach der Sicherheit der Daten auf. Ein dritter Vorstoss wurde zurückgezogen.

Der Grosse Rat verwarf den ersten Vorstoss mit 104 zu 34 Stimmen und den zweiten mit 103 zu 33 Stimmen, jeweils bei mehreren Enthaltungen. In mehr als einer Fraktion stimmte ein Teil der Mitglieder für Überweisung der Motionen, ein Teil dagegen, so etwa bei der SVP.

Die Gegner der beiden Vorstösse sagten, im Bereich des Strahlenschutzes habe der Bund das Sagen. Die Kantone hätten keine Kompetenzen. Das führte auch Volkswirtschaftsdirektor Christoph Ammann ins Feld. «Ein kantonales Moratorium wäre nicht zulässig», sagte er im Rat.

Verschiedentlich hiess es auch, man dürfe nicht Innovation ausbremsen. Und mehr als von Antennen gehe von den Mobilfunkgeräten selber Strahlung aus. Sie telefoniere deshalb immer mit Hilfe des Kopfhörerkabels, sagte etwa Ursula Zybach (SP/Spiez). Es gelte, in der Nacht das WLAN im Haus abzuschalten und die Handys aus dem Schlafzimmer zu verbannen, empfahl Markus Wenger (EVP/Spiez).

Die Befürworter sagten, ob ein Moratorium wirklich unzulässig wäre, sei nicht so klar, wie das der Regierungsrat und die Gegner darstellten. Bruno Vanoni (Grüne/Zollikofen) wies darauf hin, dass kürzlich im Lokalparlament von Langnau ein Postulat mit der Forderung überwiesen wurde, ein 5G-Moratorium zu prüfen.

«Wir wissen, dass wir 5G nicht stoppen können», sagte Anne-Caroline Graber. «Aber wir können ein Zeichen setzen».

Die jurassische Kantonsregierung beschloss im April ein 5G-Moratorium. Auch der Grosse Rat des Kantons Genf überwies der Regierung im April eine Moratoriums-Motion. Die Kantonsregierung müsse sich an die Weltgesundheitsorganisation wenden, um unabhängige Studien zu den Auswirkungen dieser Technik zu verlangen.

In der Folge drohte der Mobilfunkanbieter Sunrise im Mai mit Klagen gegen allfällige 5G-Moratorien der Kantone. Die Bundesämter für Kommunikation und Umwelt schrieben im Mai, erlasse ein Kanton ein 5G-Moratorium, könnten die Telekomunternehmen dagegen klagen.

Auch Swisscom-Chef Urs Schaeppi äusserte im Mai die Überzeugung, solche Moratorien würden gegen Bundesrecht verstossen. Denn mit der Konzessionsvergabe sei ein Versorgungsauftrag verbunden. Der Bund hatte im Februar die 5G-Konzessionen an Sunrise, Swisscom und Salt für total 380 Millionen Franken verkauft.

Der Gewerbeverband Berner KMU teilte nach dem Entscheid mit, er sei froh über das Nein von Berns Grossem Rat zu 5G-Moratorien. Die abgelehnten Motionen seien innovationsfeindlich, wissenschaftlich unhaltbar und nicht stufengerecht.

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