Berns Verkehrsbetrieb muss Abfahrtsanzeigen in Altstadt entfernen
In der Berner Altstadt müssen gewisse Abfahrtsanzeigen entfernt werden. Diese Tafeln sollten Menschen mit Beeinträchtigungen unterstützen.
Das Wichtigste in Kürze
- In der Berner Altstadt müssen die Verkehrsbetriebe einige Anzeigen abbauen.
- Diese sollten Menschen mit Behinderungen die Nutzung der ÖV erleichtern.
- Das Gericht wertet den Orts- und Denkmalschutz höher als deren Interesse.
Nach über fünf Jahren Betrieb müssen die Berner Verkehrsbetriebe vier dynamische Abfahrtsanzeigen in der Unteren Altstadt abbauen. Damit wird das geschützte Ortsbild offenbar zu stark beeinträchtigt. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden. Das Gericht wertete das Schutzinteresse höher als das Interesse von Personen mit Behinderungen, denen die Anzeigen dienen sollen.
Die Berner Denkmalpflege hatte bereits im November 2015 eine verwaltungsinternen Vernehmlassung bezüglich. Bereits dort machte sie auf die mangelnde Bewilligungsfähigkeit der unterdessen standardmässigen Abfahrtsanzeigetafeln in der Unteren Altstadt aufmerksam.
Sieben Anzeigen wurden 2016 bewilligt
Das Tiefbauamt der Stadt erteilte im November 2016 dennoch die Bewilligung dafür, sie an sieben Standorten zu montieren. Darunter befinden sich die Stationen Zytglogge in beide Fahrtrichtungen sowie Rathaus und Nydegg in Richtung Bahnhof. Dies geht aus einem am Freitag veröffentlichten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hervor.
Die 85 auf 54 Zentimeter grossen Anzeigetafeln wurden quer zu den Gassen montiert. Deshalb stellen sie eine «visuelle Beeinträchtigung» von «besonderer Bedeutung» dar, wie das Bundesverwaltungsgericht schreibt. Der Gassenraum im Gebiet der Unteren Altstadt sei zentral. Hinzu komme, dass die Anzeigen mit einer Leuchtschrift ausgestattet seien.
Behinderte sollen ÖV autonom nutzen können
Neben Bernmobil und der Stadt Bern war gegen die Abbauverfügung des Bundesamtes für Verkehr auch Inclusion Handicap ans Bundesverwaltungsgericht gelangt. Insclusion Handicap ist der Dachverband der Behindertenorganisationen der Schweiz.
Die gleichstellungsrechtlichen Gesetze zielten darauf ab, allen Menschen mit Behinderung die autonome Nutzung des öffentlichen Verkehrs zu ermöglichen. Darauf wies die Vereinigung hin. Die Anzeigen seien eine einheitliche und zweckmässige Umsetzung des sogenannten Zwei-Sinne-Prinzips.
Damit könnten Menschen mit Hör- und Sehbehinderungen den öffentlichen Verkehr selbständig und sicher nutzen, schrieb der Dachverband. Die angezeigten Informationen könnten per Knopfdruck auch akustisch wahrgenommen werden. Das Ausmass und die Gestaltung der Anzeigetafeln sei auf ein Minimum reduziert.
Das Interesse an der Beseitigung einer Benachteiligung von Menschen mit einer Behinderung würde überwiegen. Dies gelte, auch wenn der Ortsbildschutz damit tangiert wäre. Drei der Anzeigetafeln in der Umgebung der Zytglogge standen vonseiten des Schweizer Heimatschutzes ursprünglich ebenfalls in der Kritik. Sie können nun aber bestehen bleiben.
Gericht weist Verkehrsbetriebe zurecht
Die Verkehrsbetriebe Bern werden vom Bundesverwaltungsgericht gerügt. Sie hätten es unterlassen, vor der Installation der Anzeigen nach einer Lösung zu suchen. Und zwar eine, die«den Interessen des Heimatschutzes so weit wie möglich entgegenkommt: ohne auf die wichtigsten Vorteile von dynamischen Abfahrtsanzeigen für Personen mit Behinderungen zu verzichten».
Das vorliegende Urteil ist noch nicht rechtskräftig und kann beim Bundesgericht angefochten werden. Gemäss Bernmobil-Sprecher Rolf Meyer entscheiden die drei Beschwerdeführer anfangs nächster Woche über einen allfälligen Weiterzug an die höchste richterliche Instanz.