Bund besorgt über Designer-Haustiere
Hunde und Katzen sind den Schweizern immer öfters zu langweilig. Stattdessen kreucht und fleucht immer mehr exotisches Getier durch die hiesigen Wohnzimmer.
Das Wichtigste in Kürze
- Immer mehr Schweizer halten sich zu Hause Reptilien.
- Gleichzeitig häuften sich in diesem Sommer die Berichte über ausgesetzte Tiere.
- Bruno Mainini vom Bundesamt für Veterinärwesen ist besorgt über die Entwicklung.
Ein Kaiman im Hallwilersee, eine ausgesetzte Boa auf einem Parkplatz in Uri, ein Giftschlangen-Biss im Basler Gundeli. «Exotische» Tiere sind gar nicht mehr so exotisch in der Schweiz. Besonders diesen Sommer häuften sich die Meldungen im Zusammenhang mit Tieren aus fremden Gefilden.
Besonders Reptilien werden bei Herr und Frau Schweizer immer beliebter. Während Hunde und Katzen nach wie vor mit Abstand die meist verbreiteten Haustiere hierzulande sind, holen die Reptilien schnell auf. Auf 1,2 Millionen Katzen und 500'000 Hunde kommen heute bereits mehrere zehntausend Reptilien, Tendenz steigend.
Haustiere als Lifestyle-Produkt
«Bei exotischen Haustieren lassen sich Trends beobachten», sagt Bruno Mainini vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV). «Früher waren Papageien hoch im Kurs, doch diese sind nach heutigen Standards aufwendig zu pflegen und sehr laut. Reptilien sind da dankbarer.»
Mainini weiter: «Immer mehr Leute sind auch bereit, viel Geld für ‹Designer-Tiere› auszugeben. Für gewisse Farbmutationen werden beispielsweise tausende Franken bezahlt, weil sie zur Farbe der Polstergruppe im Wohnzimmer passen. Das Haustier wird zu einem Lifestyle-Produkt. Man will ausgefallene Haut-Muster oder verschiedene Augenfarben, während natürliche Farben und Zeichnungen zu Schleuderpreisen verfügbar sind.»
So viele ausgesetzte Tiere wie noch nie
Mainini ist besorgt über diese Entwicklung. Denn das BLV registriert gleichzeitig auch so viele ausgewilderte Tiere wie noch nie.
«Wer sich ein langlebiges Haustier wie eine Königspython kauft, realisiert oft nicht, dass er sich hier ein langjähriges Lebensprojekt anschafft», meint Mainini. «Nach ein paar Jahren werden viele Halter ihres Tieres überdrüssig. Dann merken sie, dass es gar nicht so einfach ist, es wieder loszuwerden.»
Wer beispielsweise eine Schlange weggeben möchte, muss diese entweder verkaufen, von einem Tierarzt einschläfern lassen oder in eine Auffangstation bringen. Doch das tönt einfacher, als es ist. Ein Käufer muss erst gefunden werden.
Tierärzte schläfern ein gesundes Tier nicht einfach ein, nur weil man keine Lust mehr darauf hat. Und Auffangstationen für Reptilien in der Schweiz sind rar, überfüllt und kosten oft mehrere hundert Franken.
Der Weg des geringsten Widerstandes ist es also, das Tier einfach auszusetzen. «Viele Leute glauben auch ernsthaft, dem Tier so einen Gefallen zu tun», weiss Mainini. «Die meisten exotischen Tiere sterben aber einfach, wenn sie nicht vorher von uns gefunden werden.»
Bundes-Zoo der Verzichtstiere
Das BLV unterhält ein Netzwerk von Zoos und engagierten Tierhaltern, an welche es die gefundenen Tiere «ausleiht». Offiziell bleiben die Verzichtstiere aber im Besitz des Bundes. Mainini: «Würden alle Tiere zusammen gehalten, entspräche dies einem kleinen Zoo.»