Bundeskanzler Thurnherr ruft am Swiss Media Forum zu Respekt auf
Das Wichtigste in Kürze
- In Luzern findet derzeit das Swiss Media Forum statt.
- In der Eröffnungsrede ruft Bundeskanzler Walter Thurnherr zu mehr Respekt auf.
- Die politische Kommunikation in der Schweiz drohe zu verkümmern, dies sei gefährlich.
Bundeskanzler Walter Thurnherr hat am Mittwoch zur Eröffnung des Swiss Media Forums die Medien zu Respekt und Rücksicht aufgerufen. Zum zweitägigen Branchentreffen der Schweizer Medien in Luzern haben sich rund 300 Personen angemeldet.
Thurnherr sprach in seiner Eröffnungsrede im KKL Luzern über die Schwierigkeiten der politischen Kommunikation in der Schweiz. Dabei nahm er den Bundesrat in Schutz vor der Kritik, wonach dieser früher besser kommuniziert habe.
Während der spanischen Grippe etwa habe sich der Bundesrat praktisch nie an die Öffentlichkeit gewandt. Heute stehe die Landesregierung häufiger denn je im Rampenlicht. Die Erwartungen seien gestiegen. Die Mitglieder des Bundesrates seien bis auf Ausnahmen normalsterbliche Lebewesen, sagte der Bundeskanzler ironisch.
Ihre Abwägungen, Überlegungen, Anstrengungen und Rückschläge seien nur zum Teil öffentlich bekannt. An die Adresse der Journalistinnen und Journalisten sagte Thurnherr daher: «Etwas nicht zu wissen, ist ein akzeptabler Grund, es auch nicht zu schreiben.»
Politische Kommunikation in der Schweiz droht zu verkümmern
Die politische Kommunikation in der Schweiz drohe zu verkümmern, sagte Thurnherr. Denn sprechen, schreiben und senden werde mit kommunizieren verwechselt. Er machte eine Unlust aus, «sich mit der allenfalls fremdgewordenen Sprach- oder allgemein Interessengemeinschaft auseinanderzusetzen. Dies sei längerfristig gefährlich.»
Er rief Politik und Medien dazu auf, Respekt, Rücksicht und den gegenseitigen Interessen Sorge zu tragen. Diese seien unabdingbare Voraussetzungen für das friedliche Zusammenleben.
Grössere Mitarbeiterstäbe führen zu mehr «Leaks»
Angesprochen auf Indiskretionen und «Leaks» aus den Departementen sagte Thurnherr, die Mitarbeiterstäbe seien grösser geworden und anders zusammengesetzt. Das unterhöhle die Kollegialität mehr, als man sich das vielleicht zugestehe. Er habe aber schon Stimmungen im Bundesrat erlebt, die «viel schlimmer waren». Den Medienschaffenden riet er in diesem Zusammenhang dazu, ihren Quellen zu misstrauen.
Neben Thurnherr spricht zur Eröffnung auch Yevheniia Kravchuk, die ehemalige Kommunikationschefin des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Ausserdem spricht Ekaterina Glikman, Journalistin der russischen Oppositionszeitung «Nowaja Gaseta Europa». Ferner wird auch Martin Wolf, Chefökonom der «Financial Times» eine Ansprache halten.
Danach stehen Diskussionsrunden auf dem Programm zu den Themen Nachwuchs im Journalismus oder Leistungsschutzrecht. Ein weiterer Programmteil ist Innovationen in den Medien gewidmet. Dabei geht es um Privatfernsehen und Deepfake.
Wichtigste Medienveranstaltung der Schweiz
Am Donnerstag wird das Forum auf einem Schiff fortgesetzt. Dort treffen sich unter anderem die Spitzen der grossen Medienhäuser zur Elefantenrunde. Insgesamt treten am Forum 30 Sprecherinnen und Sprecher auf.
Glauben Sie, dass der respektvolle Umgang in den Medien abgenommen hat?
Das Swiss Media Forum findet seit 2011 jährlich statt. Seit 2019 tragen die grossen Schweizer Medienhäuser die Veranstaltung mit. Wegen der Coronapandemie wurde es 2020 online durchgeführt.