Bundesrat lehnt 99-Prozent-Initiative ohne Gegenvorschlag ab
Die 99-Prozent-Initiative der Juso wurde dem Bundesrat vorgelegt. Er lehnt sie jedoch ab, da sie den Wirtschaftsstandort Schweiz unattraktiver machen würde.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Bundesrat lehnt die 99-Prozent-Initiative der Juso ab ohne Gegenvorschlag.
- Die Initiative verlangt, dass das reichste Prozent der Bevölkerung stärker besteuert wird.
Das Parlament kann über die 99-Prozent-Initiative der Jungsozialisten (Juso) entscheiden. Der Bundesrat hat am Freitag die Botschaft zum Volksbegehren verabschiedet. Er empfiehlt, die Initiative ohne Gegenvorschlag abzulehnen.
Die Volksinitiative verlangt, dass das reichste Prozent der Bevölkerung bei den Kapitaleinnahmen wie Zinsen und Dividenden stärker besteuert wird.
109'332 Unterschriften haben für ein Zustandekommen der Initiative gesorgt.
Kapitaleinkommen soll stärker besteuert werden
Konkret sollen Kapitaleinkommen wie Zinsen und Dividenden anderthalb Mal so stark besteuert werden wie Arbeitseinkommen. Dabei würde ein Freibetrag gelten. Wie viel das wäre, lässt der Initiativtext offen. Die Juso stellen sich eine Grenze von etwa 100'000 Franken pro Jahr vor.
Der Bundesrat kann der 99-Prozent-Initiative der Juso nichts abgewinnen und sieht keinen Handlungsbedarf. Dies hatte er bereits im vergangenen Sommer mitgeteilt. In der nun verabschiedeten Botschaft führt er seine Argumente gegen die Initiative auf.
Einkommen seien gleichmässig verteilt
Im internationalen Vergleich seien die Einkommen vor Steuern und Transferleistungen in der Schweiz gleichmässig verteilt, schreibt er. Somit sei der Umverteilungsbedarf geringer als in anderen Ländern.
Zudem würden in der Schweiz schon heute Milliarden von Franken umverteilt. Namentlich durch Sozialtransfers wie die AHV oder Prämienverbilligungen sowie die progressiv ausgestalteten Einkommens- und Vermögenssteuern.
Das vorgeschlagene Instrument zur Minderung der Einkommensungleichheit ist laut dem Bundesrat ausserdem wenig zielgenau. Weil sich die höhere Besteuerung vorwiegend auf die Art und nicht auf die Höhe der Einkommen bezieht.
Standortattraktivität würde verschlechtert
«Eine stärkere Besteuerung von Kapitaleinkommen würde die Standortattraktivität der Schweiz verschlechtern. Es würde sich negativ auf die Vermögensbildung auswirken und dadurch mittelfristig das volkswirtschaftlich zur Verfügung stehende Kapital verringern». So schlussfolgert der Bundesrat. Solche Entwicklungen hätten auch negative Auswirkungen auf die Löhne.
Schliesslich kritisiert der Bundesrat, dass der von der Initiative geforderte Ausbau der Transferleistungen nicht von Bedarfsüberlegungen bestimmt wäre. Er wäre von stark schwankenden Steuereinnahmen auf Kapitaleinkommen gesteuert.
Finanzielle Folgen können nicht geschätzt werden
Offen lässt der Bundesrat in der Botschaft die Frage der finanziellen Folgen der Initiative. Diese könnten nicht geschätzt werden, schreibt er. Einerseits fehle dafür die Datengrundlage. Anderseits liesse sich die Ausgestaltung einer allfälligen Umsetzung der Initiative und die Verhaltensanpassungen der Wirtschaftsakteure nicht abschätzen.
Weil Kapitaleinkommen aber sehr steuerempfindlich sei, dürften die von den Initiantinnen und Initianten erhofften Mehreinnahmen kaum in dieser Höhe eintreffen. Damit werde auch der bezweckte Umverteilungseffekt unterhöhlt.