Chile: Warum die Schweiz 1973 die Verurteilung des Putsches ablehnte
Das Forschungszentrum Dodis hat anlässlich des Jahrestags ein Dossier zum Staatsstreich 1973 in Chile zusammengestellt. Damals wurde Präsident Allende gestürzt.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Forschungszentrum Dodis hat ein Dossier zum Putsch in Chile zusammengestellt.
- Nach dem Regierungswechsel erlebte Chile weniger internationalen Hürden.
- Auch die Schweiz kam dem Land bei der Umschuldung entgegen.
Am 11. September 1973 führte Augusto Pinochet den Staatsstreich gegen den chilenischen Präsidenten Salvador Allende durch. Zum Jahrestag stellte das Forschungszentrum Diplomatische Dokumente der Schweiz (Dodis) ein Dossier zusammen. Dieses bezieht sich auf Quellen damaliger Zeit.
Zwar folgten auf den Putsch Repressionen gegen weite Teile der chilenischen Bevölkerung. Doch der Bundesrat lehnte eine Verurteilung des Staatsstreiches ab. Die Schweiz würde «keine Regierungen, sondern nur Staaten anerkennen», zitiert die von Dodis angelegte elektronische Akte Berns Berufung.
Vor dem Staatsstreich wurde über die Mittel zum Wahlsieg des linksgerichteten Präsidenten Salvador Allende im Jahr 1970 spekuliert. So habe er den Sieg durch ein «schmutziges Geschäft» zwischen den linken Parteien errungen, wie der damalige Schweizer Botschafter äusserte.
Dodis diskreditiert die damalige Politik in Chile
Während der fast dreijährigen Präsidentschaft Allendes sah sich Chile schnell dem Druck der internationalen Gläubiger ausgesetzt. Für die Schweiz war es die von der Linken geführte Politik, die das Land in diese katastrophale Lage gebracht hatte.
Die ablehnende Haltung des Schweizer Diplomaten Charles Masset gipfelte in seinem Bericht, den er nach dem Staatsstreich vom 11. September 1973 abgab. Der Botschafter bliebe «eine zentrale und problematische Figur in den schweizerisch-chilenischen Beziehungen während dieser Zeit», schreibt Dodis. Dabei sei er «geblendet von seinem Antikommunismus».
Die organisierte Repression gegen jede Form des Widerstands gegen die Diktatur Pinochets führte zu einer Massenflucht der chilenischen Bevölkerung. Der Diplomat Masset litt derzeit an einem Mangel an humanitärem Elan gegenüber den Menschen, die in der Botschaft Zuflucht suchten. Diesen rechtfertigte er laut Dodis damit, dass «die Anwesenheit von Asylanten das Leben des Missionschefs sehr erschwert». Noch mehr erschwere es das seiner Frau.
Die Pinochet-Junta war auf internationaler Ebene derweil mit weniger Hürden konfrontiert, als seinerzeit die Regierung Allende. Auch die Haltung der Schweiz folgte diesem Trend – und gewährte dem hochverschuldeten Chile fortan günstige Umschuldungsbedingungen.
Ab der zweiten Hälfte der 1970er-Jahre erlebten die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen gar einen regelrechten Boom. Denn wie die Schweizer Botschaft schrieb, «ergeben sich derzeit ausgezeichnete Investitionsmöglichkeiten». Dieser Boom hielt sodann auch bis zum Ende der Pinochet-Diktatur an.