Chinesische Staatssicherheit ermittelt in der Schweiz
Seit 2015 darf die chinesische Staatssicherheit in der Schweiz ermitteln. Der entsprechende Staatsvertrag ist jedoch nie in der Rechtssammlung aufgetaucht.
Das Wichtigste in Kürze
- Beamte des chinesischen Ministeriums für Sicherheit dürfen in der Schweiz ermitteln.
- Sie sorgen so für die Rückschaffung chinesischer Staatsbürger.
- In der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats regt sich nun Widerstand.
Die chinesische Staatssicherheit darf Nationalität und Identität ihrer Staatsbürger in der Schweiz ermitteln, wenn diese sich illegal im Land aufhalten. Dies ist bereits seit 2015 der Fall. Betroffen sind abgewiesene Asylsuchende, illegal Eingereiste, Sans Papiers und ähnliche Fälle.
Das Staatssekretariat für Migration (SEM) bestätigt einen Bericht der «NZZ am Sonntag». Der entsprechende Staatsvertrag wurde nicht in der amtlichen Rechtssammlung veröffentlicht. Warum das so ist, wusste SEM-Sprecher Daniel Bach allerdings nicht.
Die Beamten des chinesischen Ministeriums können gemäss dem Vertrag für zwei Wochen «ohne offiziellen Status» in der Schweiz Abklärungen treffen. Diese beziehen sich auf die mögliche Nationalität von illegal anwesenden Chinesen.
Dabei führen sie unter anderem Befragungen durch. Sie helfen so dem SEM bei Rückführungen. Sobald die Beamten die Staatsangehörigkeit bestätigt haben, erhalten die Betroffenen Ersatz-Reisepapiere und werden nach China zurückgeführt.
SEM: Rückschaffungen der chinesischen Staatssicherheit sollen rechtmässig verlaufen
Was dann mit ihnen geschieht, weiss die Schweiz nicht, wie Bach gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagte. China akzeptiere wie andere Staaten kein Monitoring. Er unterstreicht aber, dass die Rückschaffungen rechtmässig erfolgen und die Betroffenen in China nicht bedroht sind. Zudem würden sie darauf aufmerksam gemacht, dass sie sich jederzeit an die Schweizer Botschaft wenden können.
Menschen aus Tibet, deren Asylgesuch in der Schweiz abgelehnt wurde, werden nicht zurückgeführt, sagte Bach: Sie seien nach der Rückkehr nach China bedroht. Auch für die verfolgte Minorität der Uiguren sei dies der Fall, obwohl die Schweiz wenige Asylgesuche von Uiguren habe.
Bisher reiste einmal eine Delegation der chinesischen Staatssicherheit in die Schweiz ein. In der Folge des Besuchs 2016 wurden 13 Personen ausgeschafft, unter ihnen vier abgewiesene Asylbewerber, wie Bach bestätigte. Die anderen hatten gegen das Ausländergesetz verstossen.
Den chinesischen Staatssicherheitsbeamten dürfen die Schweizer Behörden gemäss Asylgesetz keine im Asylverfahren erhobene Daten zur Verfügung stellen. Im Weiteren sagte Bach zu dem Staatsvertrag mit China, die Schweiz habe ungefähr 60 solcher Abkommen mit diversen Staaten. Bei ihnen handle es sich um Verwaltungsverträge.
Widerstand formiert sich
Gegen die Verlängerung des Verwaltungsvertrags in China regt sich Widerstand in der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats (APK). Deren Mitglied Fabian Molina (SP/ZH) liess sich in der «NZZ am Sonntag» mit den Worten zitieren, das sei absolut unakzeptabel. Sibel Arslan (Grüne/BS) forderte im Blatt die sofortige Kündigung des Vertrags. Beide werden an der APK-Sitzung am Montag Auskunft vom Bundesrat verlangen.
Chinas kommunistisches Regime geht hart gegen ethnische Minderheiten im Land vor. Seit der Invasion im zuvor unabhängigen Tibet 1959 unterdrücken die chinesischen Behörden die dortige buddhistische Bevölkerung rigoros.
In der Provinz Xinjiang sitzt nach internationalen Schätzungen eine Million der rund 10 Millionen Menschen zählenden Uiguren in Lagern. Diese werden von den Chinesen «Berufsbildungszentren» genannt. In keiner Region der Welt ist die Überwachung derart lückenlos, wie in Xinjiang.
Die Zentralregierung wirft den muslimischen Uiguren Separatismus und Terrorismus vor. China verleibte sich das ehemalige Ostturkestan 1949 ein.
In Hongkong implementierte Peking vor kurzem ein Sicherheitsgesetz gegen Aktivitäten, die China als subversiv, separatistisch oder terroristisch ansieht. Es ist der bisher weitestgehende Eingriff in Hongkongs Autonomie. Diverse Staaten setzten daraufhin ein Auslieferungsabkommen mit Hongkong ausser Kraft.