Coronavirus: Schweres Long Covid ist seltener als angenommen
Bislang ist über Langzeitfolgen nach einer Infektion mit dem Coronavirus wenig bekannt. Zwei Studien zeigen nun, dass schweres Long Covid selten auftritt.
Das Wichtigste in Kürze
- Zwei grosse Studien über Long Covid liefern erstaunliche Ergebnisse.
- Nicht wenige Corona-Patienten haben tatsächlich lange Beschwerden.
- Ernsthafte Langzeit-Folgen durch das Coronavirus sind recht selten.
Noch ist wenig über die Langzeit-Folgen einer Erkrankung am Coronavirus bekannt. Eine Studie aus den USA und eine aus Dänemark wollen nun Licht ins Dunkel bringen. Die Forscher untersuchten mehrere Tausend nicht hospitalisierte Patienten und sorgfältig analysierten Vergleichsgruppen.
Gegenüber dem «Tagesanzeiger» ordnet Infektiologe Manuel Battegay die Studienergebnisse ein. Nach der Meinung des stellvertretenden Leiters der wissenschaftlichen Covid-19-Taskforce des Bundes soll es sich um die «besten zum Thema» handeln.
Ein klares Bild zeichne sich ab: Nicht wenige Corona-Patienten haben tatsächlich lange Beschwerden. «Von diesen erholen sich aber sehr viele in drei bis sechs Monaten», so der Infektiologe. Die grosse Mehrheit sei von Langzeit-Folgen durch das Coronavirus beeinträchtigt. «Jedoch nicht so stark, dass eine Behandlung in Anspruch genommen wird.»
Milde Symptome durch Coronavirus nicht unterschätzen
Ernsthafte Folgen sind recht selten, wie die dänische Studie zeigt. Das Risiko von Venenthrombosen ist bei Patienten mit mildem Covid-19 um fast 80 Prozent erhöht. In absoluten Zahlen waren dies sieben von fast 9000 Infizierten, also «nur» 0,2 Prozent. Battegay: «Das bedeutet, dass es Menschen gibt, die auch nach drei Monaten deutlich leiden und schwere Komplikationen haben.»
Eine Schweizer Studie von Milo Puhan ergab Anfang Februar, dass jeder vierte Infizierte von Long Covid betroffen ist. Battegay räumt ein: «Die Resultate der Schweizer Studie stehen nicht im Widerspruch zu den neuen Untersuchungen aus den USA und Dänemark. Viele Patienten laufen sozusagen unter dem Radar, weil sie sich nicht behandeln lassen. Bei der Studie von Milo Puhan leidet die Mehrheit nicht unter schwereren Verläufen.»
Doch auch diese milden postakuten Symptome dürfe man nicht unterschätzen, so Battegay. Der 60-Jährige habe selbst anderthalb Jahre sehr gut aufgepasst, damit er sich nicht infiziere. «Konzentrationsstörungen oder auch nur leichte Gedächtnisverluste während zwei, drei Monaten sind nicht etwas, was man sich wünscht. Das Gehirn ist schliesslich das wichtigste Organ.»
Hilft Impfung gegen Long Covid?
Mittlerweile gibt es etliche Berichte, dass sich Long Covid bei Personen, die sich gegen das Coronavirus impfen, verbessert. «Wir hören das selbst auch von Patienten», sagt Battegay. Die US-Universität Yale fand heraus, dass sich das postakute Covid bei 40 Prozent nach einer Impfung verbessert. Bei rund 10 Prozent verschlechtere sich der Zustand.
«Das ist aber keine publizierte Studie und wurde auch nicht mit einer Kontrollgruppe ohne Impfung verglichen. Das wäre hier wichtig, weil sich in vielen Fällen die Symptome mit der Zeit von selbst verbessern.» Laut Battegay seien aber gut designte Studien zur Thematik am Start.