Coronavirus: Experten warnen vor Long-Covid-Folgen
Experten warnen davor, die Langzeitfolgen einer überstandenen Infektion mit dem Coronavirus zu unterschätzen.
Das Wichtigste in Kürze
- Experten warnen davor, die Langzeitfolgen einer Covid-Erkrankung zu unterschätzen.
- Es bestehe die Möglichkeit, dass sich ein «wirtschaftliches Problem» entwickeln könnte.
- Auch in der Schweiz dürften Zehntausende von Long-Covid betroffen sein.
Wer sich mit dem Coronavirus infiziert und nicht daran stirbt, sollte sich in der Regel wieder komplett davon erholen – auch wenn eine Behandlung im Spital nötig war. In etwa so wurden die Auswirkungen einer Covid-Erkrankung zu Beginn der Pandemie beschrieben.
Ein Jahr später heisst es von Experten: Langzeitfolgen einer überstandenen Infektion werden dramatisch unterschätzt, viele Betroffene leiden auch noch Monate später unter den Folgen.
Der deutsche Gesundheitsexperte Karl Lauterbach etwa, spricht gegenüber «ntv» darüber, dass von Long-Covid bis zur Hälfte der zuvor in Kliniken behandelten Patienten betroffen sein könnte.
Dabei bezieht sich der Sozialdemokrat auf chinesische Studien der ersten Pandemie-Welle und meinte: « Es ist ein Fehler, zu glauben, dass nur die Alten sterben und die Jungen selbst nicht gefährdet sind.»
Demnach können Long-Covid-Patienten noch Monate nach einer Infektion mit dem Coronavirus an mindestens einem Symptom leiden. «Es stellt sich immer stärker heraus, dass Covid-19 eine Erkrankung des gesamten Gefäss- und Immunsystems ist», sagte Lauterbach.
Zehntausende Betroffene in der Schweiz?
Letze Woche rechnete die «NZZ» vor, dass auch zehntausende Menschen in der Schweiz von Long-Covid betroffen sein könnten und berichtete, dass unser Land offensichtlich medizinisch und versicherungstechnisch hinterherhinkt.
Betroffene versuchen sich schon seit einer Weile Gehör zu verschaffen. Etwa mit der Plattform offener-brief.ch, bei der der Bundesrat zu Massnahmen für Long-Covid-Betroffene aufgefordert wird.
#GeschätzterBundesrat, meine Partnerin leidet Monate nach Erkrankung noch an Folgen #LongCovid. Viele Menschen haben sich an uns gewendet: Sie fühlen sich im Stich gelassen. Jede Ansteckung birgt dieses Risiko. Übernehmen Sie Verantwortung und handeln Sie! https://t.co/jN42I3FKV7 pic.twitter.com/R0F7Yhb37t
— Che Wagner (@wagner_che) January 12, 2021
Zu diesem Zweck wurden Mitte Januar – also kurz vor Einführung des Lockdowns – auch einige Videos unter dem Hashtag #GeschätzterBundesrat veröffentlicht. Darin sprachen Betroffene über ihre Schicksale.
So etwa auch der Initiator der Kampagne, Che Wagner. Der Basler Aktivist sprach über seine Partnerin und erwähnte, dass sie nicht einmal mehr alleine einen Spaziergang unternehmen könne. «Wir haben das nicht erwartet. Wir haben Angst», so Wagner.
Long-Covid ein wirtschaftliches Problem?
Jördis Frommhold, die Chefärztin der Median-Klinik in Heiligendamm, die sich auf die Rehabilitation von Covid-19-Patienten spezialisiert, erwähnt gegenüber «ntv», dass sie befürchte, dass Long-Covid-Patienten in der Öffentlichkeit und der Politik nicht wahrgenommen würden.
Frommhold erwähnt die mögliche Entwicklung eines «wirtschaftlichen Problems». «Viele dieser Patienten standen zuvor mit beiden Beinen fest im Leben und der Arbeitswelt.» Laut der Chefärztin gehören etwa chronische Müdigkeit oder Abgeschlagenheit zu den Symptomen.
Auch neurologische Einschränkungen würden zunehmend festgestellt. Frommhold warnt zudem vor den psychologischen Folgen. «Die Patienten waren dynamisch und leistungsstark. Obwohl sie als genesen gelten, sind sie nicht arbeitsfähig und nicht in ihr bisheriges Leben integriert.»
Zu den medizinischen Hintergründen der Long-Covid-Erkrankung gibt es nur eine Vermutung. «Es könnte sich um eine Autoimmunreaktion handeln», so Frommhold und betont, dass die Long-Covid-Problematik aber behandelt werden könne. «Es ist aber fraglich, ob die frühere Leistungsfähigkeit zu 100 Prozent erreicht werden kann.»