Mit «Social Distancing» soll das Coronavirus auch in der Schweiz bekämpft werden. Die Isolation bringt aber nicht nur Vorteile mit sich.
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«Social Distancing» schlägt den Schweizern auf die Psyche. (Symbolbild). - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • «Social Distancing» ist eine nicht-medizinische Methode zur Vermeidung von Ansteckungen.
  • Menschen sollen sich demnach weitgehend von anderen distanzieren.
  • Einem Experten zufolge können uns die Massnahmen auf die Psyche schlagen.
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«Social Distancing» – ein Begriff, der im Zusammenhang mit dem neuartigen Coronavirus in aller Munde ist.

Diese nicht-medizinische Methode, die Verbreitung von hochansteckenden Krankheiten zu vermeiden, soll auch in diesem Kontext helfen. Man versucht, soziale Kontakte weitgehend zu vermeiden, Kranke zu isolieren und Gesunde zu schützen.

Obwohl sich «Social Distancing» in der Vergangenheit als sehr effektiv herausgestellt hat, kann die Isolation zu Problemen führen.

«Geld entscheidet oft über soziale Teilhabe»

Ueli Mäder, Soziologe an der Universität Basel, sieht bei dieser Methode Vor-, sowie Nachteile. Ihm zufolge würden einzelne Personen durch «Social Distancing» Gefahr laufen, etwas abgehängt zu werden.

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Ueli Mäder ist Soziologe an der Universität Basel. Er glaubt nicht, dass das Coronavirus die Gesellschaft gespalten hat. - Keystone

Aber: «Die Einsamkeit hängt mit vielen Faktoren zusammen. Wir schliessen Menschen auch aus, wenn wir öffentliche Räume kommerzialisieren. Oft entscheidet Geld über die soziale Teilhabe. Das müssen wir ändern.»

«Social Distancing» psychisch belastend

Wegen des Coronavirus müssen die Schweizer auf zahlreiche Events verzichten und öfters Homeoffice machen. Ueli Mäder ist überzeugt: Die sozialen Einschränkungen können belastend sein.

«Events bringen Menschen zusammen. Sie fördern das Gesellige und teilweise auch das Soziale. Es ist wichtig, diese Offenheit und Mobilität weiter zu kultivieren.» Abstriche seien meistens schmerzhaft – «und schlagen auf die Psyche».

Distanz für Schweizer nicht ganz einfach

Wir sind es uns gewohnt, unsere Mitmenschen mit Händeschütteln, Umarmung oder einem Küsschen zu begrüssen. Da ist die von Bundesrat Berset empfohlene Distanz gewöhnungsbedürftig.

Alain Berset
Bundesrat Alain Berset während einer Pressekonferenz zum Coronavirus. - Keystone

Das weiss Mäder auch aus persönlicher Erfahrung: «Ich komme gerade von einem Höck mit ehemaligen Handballkollegen. Wir begrüssten uns zuerst, wie gewohnt, per Handschlag, bis der Mann einer Ärztin das Prozedere unterband.»

Er habe sich an die Order gehalten, wenigstens das zu unterlassen. «Danach folgten ihm alle. Offenbar ist es nicht ganz einfach und doch nicht so schwierig, auf Gewohntes zu verzichten.»

Coronavirus: Einschränkungen als Weckruf

«Social Distancing» bringt auch im gesellschaftlichen Sinne nicht nur Nachteile mit sich: Mäder ist der Ansicht, dass uns die aktuelle Lage die Augen öffnen kann.

«Wir sind so gewohnt, dass immer alles reibungslos funktioniert. Aber das ist keineswegs selbstverständlich – die aktuellen Einbussen weisen uns darauf hin.»

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«Social Distancing»: Ein junges Paar küsst sich in Italien mit Gesichtsmaske. - Keystone

Mäder sagt: «Vielleicht regen sie auch ein neues Verständnis von Nähe und Distanz an. Je nachdem gibt es viel Distanz trotz Nähe. Und umgekehrt: auch mehr Nähe dank Distanz.»

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