Coronavirus: Spitäler verrechnen Patienten Schutzmaterial
Das Wichtigste in Kürze
- Die Preise für medizinisches Schutzmaterial sind wegen des Coronavirus explodiert.
- Einige Schweizer Spitäler verrechnen deshalb Masken & Co. nun auch den Patienten.
Die «chirurgische Atemschutzmaske», die wir im Zug und beim Coiffeur tragen sollten, ist eigentlich billige Massenware. Derzeit liegt der Einkaufspreis je nach Quelle bei 60 Rappen oder mehr, «früher» fielen die 9 Rappen pro Stück kaum ins Gewicht.
Viel schwerwiegender sind dagegen die gestiegenen Preise bei FFP2-Schutzmasken und Einweg-Isolationskitteln. Vor der Krise ums Coronavirus kosteten diese ein bis zwei Franken, jetzt zahlen Spitäler fünf, sieben oder über zehn Franken pro Stück. Jetzt wird abgerechnet: Einige Spitäler wollen Schutzmaterial vergütet erhalten.
«Das wäre illegal»
In den sauren Apfel beissen müssen die Spitäler allerdings bei den stationären Patienten. «Die Schutzkleidung an Patienten zu verrechnen, wäre illegal», sagt Dajan Roman, Leiter Unternehmenskommunikation am Kantonspital Graubünden. Bei den Stationären gelten auch für Coronapatienten die Fallpauschalen – egal, wie viel und wie teures Zellulose/Polyester-Vlies verbraucht wird.
Anders bei ambulanten Patienten, erläutert Nicolas Drechsler, Sprecher des Universitätsspitals Basel. «Bei ambulanten Patienten haben wir die Möglichkeit, Materialien, die über einem Wert von drei Franken liegen, dem Kostenträger zu verrechnen». In Basel ist dieser Moment nun gekommen: «Das USB beginnt jetzt damit, die FFP2-Schutzmasken zu verrechnen.»
Hoher Verbrauch, aber überschaubar
Eine differenziertere Betrachtung macht man in Zürich. Im Stadtspital Waid und Triemli werden keine Schutzmasken verrechnet. Und das, obwohl man wegen der Maskenpflicht nicht nur hohe Preise, sondern auch einen hohen Verbrauch habe.
Das seien aber die weniger als drei Franken kostenden Atemschutzmasken für Patienten. «Andere Schutzkleidung (Brille, Schutzmantel, Handschuhe) ist für die Mitarbeitenden vorgesehen.»
«Die Mehrkosten für Material bei ambulanten Coronapatienten sind extrem überschaubar», sagt dagegen Marcel Gutbrod vom Universitätsspital Zürich.
Das USZ kauft auch den Einweg-Schutzmantel für weniger als drei Franken ein und verrechnet darum weder Masken noch Mäntel.
Coronavirus: Komplexe Be- und Verrechnung von Schutzmaterial
Der Einkaufspreis von Verbrauchsmaterial muss laufend neu berechnet werden, denn es gilt die «Basis der Jahreseinkaufsmenge».
In Basel haben zwei Monate Coronavirus gereicht, um einzelne Preise über die Drei-Franken-Grenze zu heben. Eigentlich auch am Inselspital in Bern, wie Nau.ch aus internen Quellen weiss.
Dort sollen Einweg-Mäntel (Fr. 4.50) und FFP2-Masken (Fr. 10.60) neu den Patienten verrechnet werden. Konkret bestätigen will dies Mediensprecher Adrian Grob aber nicht.
Zwar werde verrechnet, aber nicht den Krankenkassen in Rechnung gestellt – der Patient zahle aber auch nicht. Auf Nachfrage hiess es dann: «Es wird kein Schutzmaterial den Patienten in Rechnung gestellt.»
Krankenkassen haben keine Einwände
Hingegen helfe der Kanton den Spitälern bei den Zusatzaufwänden wegen des Coronavirus. «Da wird sicher auch das Verrechnen von Schutzmaterialien ein Thema sein.»
Oft wird sich das nicht so exakt auseinander dividieren lassen. Schliesslich wird das jetzt viel teurere Schutzmaterial seit Jahr und Tag bei allen möglichen Patienten verwendet, nicht nur Coronafällen.
Diese Personen können noch viel weniger etwas dafür, dass ihre Behandlung jetzt mehr kostet, weil das Schutzmaterial zehnmal teurer ist. Bezahlen müssten sie in Zeiten des Coronavirus je nachdem trotz allem.
Der Krankenkassenverband Santésuisse bestätigt gegenüber Nau.ch: Die Verrechnung nach Tarmed-Tarif ist völlig korrekt. Materialkosten, die höher als drei Franken sind, werden vergütet, abzüglich zehn Prozent Selbstbehalt.
Auch an die Franchise werden sie angerechnet. Wer eine hohe gewählt hat, berappt so unter Umständen noch ein halbes Dutzend FFP2-Masken und Wegwerf-Schutzmäntel.