Darum ernten Paare so viel Kritik für kinderlose Hochzeiten
Immer mehr Paare wollen ohne Kinder heiraten und ernten dafür Kritik. Auch in der Schweiz kommt es zu Zoff, wenn Gäste ihren Nachwuchs zu Hause lassen sollen.
Das Wichtigste in Kürze
- Wer seine Hochzeit ohne Kinder feiern will, muss sich auf Kritik gefasst machen.
- Das Thema ist offenbar für viele besonders emotional.
- Schweizer Hochzeitsplanerinnen berichten von boykottierten Hochzeiten und Streit.
«Asozial», «richtig unsympathisch» – solche Kommentare häufen sich unter Videos von Paaren, die ihre Hochzeit ohne Kinder feiern wollen.
«Ich möchte einfach nicht, dass während ich ‹Ja, ich will!› sage, irgendwelche Kinder im Hintergrund herumschreien», stellt Influencerin Alina Wachinger klar.
Auch in der Schweiz liegen kinderlose Hochzeiten im Trend: Immer mehr Brautpaare laden an ihrem grossen Tag keine Kinder ein. Das Konfliktpotenzial ist gross – das Thema ist emotional.
«Kann sehr verletzend wirken»
«Eltern, die sich so über kinderlose Hochzeiten aufregen, nehmen das Ganze meistens sehr persönlich», sagt Hochzeitsplanerin Lisa Dätwyler gegenüber Nau.ch. «Natürlich sind die eigenen Kinder das Wichtigste im Leben der Eltern. Und ein Ausschluss dieser bei einem Fest guter Freunde kann dann auf sie sehr verletzend wirken.»
Dass es aber um das Brautpaar gehe und diese die Gastgeber sind, werde dabei oft nicht bedacht. Dätwyler stellt klar: «Das Brautpaar muss sich nicht verpflichtet fühlen, Kinder einzuladen, wenn ihnen ein Fest mit Erwachsenen lieber ist.»
Die Baselbieter Hochzeitsplanerin weiter: «Kein Brautpaar feiert ohne Kinder, weil es grundsätzlich etwas gegen sie hätte. Ein Fest unter Erwachsenen ist etwas komplett anderes und die Stimmung und Atmosphäre viel ruhiger und entspannter.» Viele Eltern würden es ja auch geniessen, mal einen Abend für sich verbringen zu dürfen.
«Ich hatte und habe diverse Hochzeiten, die ohne Kinder gefeiert werden», hält Dätwyler fest. «In einem Fall führte eine solche Einladung tatsächlich zu einem Rückzug der betroffenen Gäste. Diese nahmen dann am Fest schlussendlich nicht teil, weil sie ihre Kinder nicht mitbringen durften.»
Der Elefant im Raum
Auch die Berner Hochzeitsplanerin Stefanie Waber beobachtet, dass immer mehr Hochzeiten ohne Kinder gefeierten werden. Dass es deswegen zu Streit kommt, habe sie aber «äusserst selten erlebt».
«Gute Kommunikation im Vorfeld ist der Schlüssel», erklärt sie. «Wenn das Brautpaar seine Entscheidung begründet, wird das in den seltensten Fällen nicht verstanden.»
Nur einmal bekam sie mit, dass Eltern ihr Kind an ein Fest mitgenommen haben, obwohl dieses nicht eingeladen war. «Deswegen gab es die ganze Zeit einen ‹Elefanten im Raum›», berichtet Waber. «In der Situation war es weder den Eltern noch dem Brautpaar wohl.»
Die Hochzeitsplanerin stellt klar: «Wenn ein Brautpaar einlädt, hat man sich an die Regeln zu halten.»
Kinderlose Hochzeiten polarisieren. Die Zürcher Hochzeitsplanerin Lara Stähli hat ebenfalls «schon von mehreren Fällen gehört, in denen es Spannungen und sogar Streit gab». Sie erklärt: «Oft fühlen sich Eltern in ihrem Familienleben eingeschränkt oder ausgeschlossen, was zu Missverständnissen und Konflikten führen kann.»
In diesem Zusammenhang ist Stähli ein Ereignis in Erinnerung geblieben: «Ein befreundetes Elternpaar fühlte sich durch diese Entscheidung persönlich angegriffen und boykottierte die Hochzeit schliesslich. Das belastete die Stimmung im Freundeskreis erheblich.» Die Diskussionen im Vorfeld seien hitzig und emotional gewesen.
Vier Gründe, weshalb Eltern sich über kinderlose Hochzeiten empören
Dass manche Eltern so emotional reagieren, führt sie auf mehrere Ursachen zurück. So könne die Vorstellung, dass Kinder ausgeschlossen werden, gegen tief verwurzelte Erwartungen und Traditionen verstossen.
Auch logistische Herausforderungen wie die Organisation alternativer Betreuungsmöglichkeiten seien ein Grund. «Dies kann Frustration und Ärger hervorrufen, insbesondere wenn sie das Gefühl haben, dass ihre Situation nicht berücksichtigt wird», erklärt Stähli.
Hinzu kommt das Gefühl des Ausschlusses: «Einige Eltern könnten es als persönliche Zurückweisung empfinden, wenn ihre Kinder nicht eingeladen sind. Sie könnten glauben, dass ihre Familie als weniger willkommen oder wichtig angesehen wird.»
Als letzten Punkt nennt Stähli den emotionalen Wert. «Eltern verbinden oft emotionale Momente und Meilensteine mit ihren Kindern», so die Hochzeitsplanerin. Da möchten sie ihre Kinder an wichtigen Ereignissen dabei haben.
Experte: Konservative haben Vorbehalte
Familiensoziologe François Höpflinger von der Universität Zürich sagt zu den kinderlosen Hochzeiten: «Dies wird als Signal wahrgenommen, dass das Brautpaar selbst kinderlos bleiben möchte. Was speziell Eltern, die sich Enkelkinder wünschen, beunruhigen kann.»
Heiraten und Kinder-haben waren früher eng miteinander verbunden. «Kinderlose Hochzeiten stossen vor allem bei eher konservativen Personen auf Vorbehalte», so Höpflinger.