Darum kiffen ausgerechnet Schweizer Schüler so viel
Die Schweizer Jugend raucht sich im internationalen Kiffer-Vergleich auf einen Spitzenplatz. Sucht Schweiz sieht den Grund auch im gesellschaftlichen Wandel.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Schweizer Jugend kifft im europäischen Vergleich überdurchschnittlich viel.
- Sucht Schweiz sieht den Grund auch in der gesellschaftlichen Akzeptanz von Cannabis.
- Alkohol bleibt aber unangefochtenes Suchtmittel Nummer 1 bei den 15-Jährigen.
Gemäss der internationalen Schülerinnen- und Schülerstudie HBSC konsumieren die 15-Jährigen in der Schweiz überdurchschnittlich viel Cannabis. Die Studie ermöglicht Einblicke ins Alltagsleben von 11- bis 15-jährigen Schülerinnen und Schülern. Diese stammen aus über 40 vorwiegend europäischen Ländern und Regionen.
Ein Kiffer-Röstigraben
Der Cannabiskonsum bei Jugendlichen in der Schweiz sei schon seit langem ziemlich hoch im europäischen Vergleich, schreibt die Mediensprecherin von Sucht Schweiz, Monique Portner-Helfer auf Anfrage von Nau.ch.
Dabei lasse sich ein Röstigraben erkennen: «Die Schweiz wiederspiegelt die Situation in den Nachbarländern. Der Konsum ist meistens auch höher in der Westschweiz sowie in Frankreich, dafür ist er oft tiefer in der Deutschschweiz wie auch in Deutschland und in Österreich.»
Eltern und Jugendschutz drücken Tabak und Alkoholkonsum
Dass die Schweiz beim Alkohol und Tabak besser abschneidet als beim Cannabis, erklärt Portner-Helfer auch mit einem gesellschaftlichen Wandel. «Bei Alkohol und Tabak wurde der Zugang zu den Substanzen dank des Jugendschutzes durch Abgabealter oder Testkäufe erschwert.»
«Zudem haben die Eltern ihre Haltung gegenüber diesen Substanzen geändert: Sie rauchen nicht mehr in der Wohnung und konsumieren vermutlich weniger Alkohol vor den Kindern. Bei Cannabis gab es keine Änderungen beim Zugang und die Normen innerhalb der Familien haben sich sicher auch nicht geändert.»
Dabei sei auffällig, dass zwar insgesamt weniger 15-Jährige Cannabis ausprobierten, die Zahl der regelmässigen Kiffer aber konstant blieb. «Der Probierkonsum ist zurückgegangen, wahrscheinlich, weil es als weniger «cool» angesehen wird, Substanzen allgemein zu konsumieren.»
Sowieso stellt Sucht Schweiz fest, dass die Präventionsanstrengungen im Bezug auf Suchtmittel Wirkung zeigen.
Mit 15 zum Dealer
Trotzdem raucht die Schweizer Jugend im europäischen Vergleich also ordentlich «Gras». Gründe dafür gebe es verschiedene: «Wir vermuten, dass auch eine gewisse gesellschaftliche Akzeptanz von Cannabis dazu beiträgt. Kiffen wird wohl von manchen Jugendlichen als nicht mehr so schlimm angesehen.»
Zusätzlich ist Cannabis immer einfacher erhältlich. Meistens kriegt man das Cannabis über Freunde. Der Zugang zu einem Dealer sei sogar für einen 15-Jährigen relativ einfach. «Wir haben vor Kurzem berechnet, dass jedes Jahr in der Schweiz etwa 40 bis 60 Tonnen Cannabis konsumiert werden.»
Alkohol immer noch unangefochten
Dass die Schweizer Jugendlichen jetzt eher einen Joint rollen statt zu Alkohol zu greifen, sei aber eine Fehlinterpretation, sagt Portner-Helfer.
«Man kann nicht daraus schliessen, dass junge Menschen Cannabis den anderen Substanzen grundsätzlich vorziehen. Bei relativ regelmässigem Konsum werden für alle drei Substanzen vergleichbare Raten verzeichnet.»
«Der Alkoholkonsum bei Jugendlichen ist ausserdem allgemein noch viel höher als der Cannabiskonsum. Die Substanzen stehen meist nicht in Konkurrenz, sondern werden beide konsumiert.»