Das Risiko für Nachbeben vorhersagen mit Künstlicher Intelligenz
Künstliche Intelligenz könnte helfen, Nachbeben besser vorherzusagen. Zwei Forscher der ETH Zürich zeigen dies nun.
Das Wichtigste in Kürze
- Forscher der ETH Zürich setzen sich mit künstlicher Intelligenz auseinander.
- Sie wollen damit Nachbeben erforschen.
Nachbeben können sich Tage, Wochen oder auch Monate nach einem Erdbeben ereignen. Ein trauriges Beispiel ist das Beben von Christchurch, Neuseeland, im Februar 2011. Es war eigentlich ein Nachbeben, aber richtete deutlich mehr Schaden an als das Hauptbeben fünf Monate zuvor.
Seismologen können zwar dank Modellrechnungen die Stärke von Nachbeben vorhersagen. Mit der Frage, wo sie sich ereignen, tun sich Forschende jedoch schwer.
Beben können nicht mit absoluter Sicherheit vorher gesagt werden
Verschiedene Forschungsteams untersuchen die Möglichkeit, mithilfe Künstlicher Intelligenz die Vorhersagen zu verbessern. «Beben mit absoluter Sicherheit vorhersagen, kann man nicht». Dies erklärte Marco Broccardo von der ETH Zürich im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Es gehe vielmehr darum, die Wahrscheinlichkeit zu berechnen, mit der sich ein Nachbeben um das ursprüngliche Erdbeben herum ereignet.
Vergangenes Jahr hatten Phoebe DeVries von der Harvard University und ihre Kollegen im Fachblatt «Nature» berichtet: sie könne mit einem Deep Neural Network bessere Vorhersagen für Nachbeben treffen können als mit klassischen Methoden. Dafür trainierten sie das Neuronale Netzwerk mit Daten von 131'000 Haupt- und Nachbeben. Beim Test mit 30'000 vergangenen Haupt- und Nachbeben, schnitt das Deep Neural Network besser ab als klassische Vorhersagemodelle.
Künstliche Intelligenz erzielt ähnlich gute Ergebisse
Nun zeigen Forscher der ETH jedoch, dass sich ähnlich gute Ergebnisse mit einer deutlich einfacheren Form von KI erzielen lassen. Ihre Herangehensweise beruhte auf logistischer Regression, welche einen einzelnen Baustein eines Neuronalen Netzwerks darstellt, oder anders ausgedrückt: ein einzelnes Neuron.
Zwar schade es der Vorhersagekraft von Modellen in der Regel nicht, ein grösseres und tieferes Neuronales Netzwerk zu verwenden. Allerdings könne dies das Interpretieren der Ergebnisse erschweren. Dies wenn es um Rückschlüsse auf physikalische Vorgänge geht, schreiben Broccardo und Mignan in einem Artikel im Fachblatt «Nature».
Studie soll weitere Forschungsbemühungen anstossen
Mit ihrer Studie wollen sie die Verwendung von Deep Neural Networks für die Nachbebenvorhersage keineswegs ausbremsen. Sondern weitere Forschungsbemühungen anstossen, hiess es weiter.
«Wir sind noch weit von einem exakten Vorhersage-Werkzeug entfernt», betonte Broccardo gegenüber Keystone-SDA. Künstliche Intelligenz dürfte ein wichtiger Schritt hin zu diesem langfristigen Ziel sein. Allerdings müsse man skeptisch bleiben, ob Deep Learning neue Einsichten in die physikalischen Prozesse liefere. Und deren Verständnis wiederum ist unerlässlich für akkurate Risikovorhersagen.