Der Frauenstreik wird auch von Bäuerinnen unterstützt
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – eine der Hauptforderungen am Frauenstreik ist gleichsam eine Utopie für viele Bäuerinnen. Auch darum wollen viele streiken.
Das Wichtigste in Kürze
- Auch Bäuerinnen und Landfrauen werden am 14. Juni am Frauenstreik dabei sein.
- Viele von Ihnen kämpfen allerdings nicht für höhere Löhne.
- Sie kämpfen dafür, überhaupt Löhne für ihre landwirtschaftliche Arbeit zu bekommen.
63 Stunden arbeitet eine Schweizer Bäuerin durchschnittlich die Woche. Lohn bekommen die wenigsten. Ohne Arbeitsvertrag sind sie zudem nicht sozialversichert. Trotz grossem Arbeitspensum, gelten sie als nichterwerbstätig.
Das heisst: Im Falle einer Mutterschaft gibt es keine Mutterschaftsversicherung. Im Alter keine Rente, nur eine knappe AHV. Solange das Bauernpaar zusammen ist, geht das.
Im Falle einer Scheidung stehen viele Frauen mit leeren Händen da. Denn ohne kündbaren Arbeitsvertrag kann die Bäuerin auch nichts aufs RAF.
Der Hof gehört dem Mann
Dass sie auf dem Hof mithelfen, ist für viele Bäuerinnen dennoch selbstverständlich. Auch wenn er ihnen oft nicht gehört. Ein Bauernhof nämlich kann wegen des bäuerlichen Bodenrechts nur einer Person gehören. «Meist ist das der Mann», erklärte Christine Bühler der Gewerkschaftszeitung «Work».
Bühler war bis Anfang 2019 Präsidentin des Schweizerischen Bäuerinnen- und Landfrauenverbandes (SBLV). Zusammen mit ihrem Mann führt sie einen Hof. Zusammen mit anderen Bäuerinnen kämpft sie dafür, dass Landfrauen von ihren Männern entlöhnt werden. Und dass sie Sozialleistungen zugesprochen bekommen.
Solidarisch mit dem Frauenstreik
Lotti Baumann, seit drei Jahren die höchste Aargauer Bäuerin, hat diese Defizite ebenfalls erkannt. Und ihre Sektion des SBLV mobilisiert: Die Aargauer Bäuerinnen werden am 14. Juni streiken. Auch Liselotte Peter, selber Bäuerin und Vizepräsidentin des SBLV unterstützt das.
Am Frauenstreik wird gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit gefordert. Viele Bäuerinnen kämpfen dafür, überhaupt Lohn zu erhalten. Dennoch sagt Peter bestimmt: «Was am Frauenstreik gefordert wird, betrifft uns alle.»
Der SBLV werde am Frauenstreik selber zwar keine Aktion durchführen. «Aber wir haben die kantonalen Sektionen dazu aufgefordert, selber etwas zu organisieren. Oder sich einer anderen Gruppierung anzuschliessen.»
Gegenüber den Frauen, die nicht in der Landwirtschaft tätig seien, verspürt Peter eine «grosse Solidarität». Obwohl die Lebenssituationen der Bäuerinnen oft etwas anders aussehen, als jene der meisten anderen Frauen.
«Wir sind als Betriebe selbstständig erwerbend. Die Forderungen des Frauenstreiks treffen auf uns also nur teilweise zu», erklärt sie.
«Aber viele Bäuerinnen arbeiten in einem Teilzeitpensum auch noch extern. So verdienen sie etwas dazu. Eine Teilzeitstelle bringt aber meistens genau das mit, wogegen am Frauenstreik demonstriert wird. Einen tiefen Lohn und geringe Aufstiegsmöglichkeiten.»
Entsprechend seien die Bäuerinnen oft eben doch sehr nahe dran an der Thematik. Zudem zeige man sich auch darum solidarisch, «weil wir auch froh sind, wenn die anderen Frauen uns unterstützen».
Peter spricht die oben genannte Problematik auf Bauernhöfen an. «Viele Frauen sind auf dem Hof eben nur Mitarbeitende, nicht der Boss.»
Gleichberechtigter Streik
Sie selber werde am 14. Juni «gewissermassen streiken», sagt Peter. Bei der Arbeit wird man die Bäuerin nicht sehen. Auf der Strasse allerdings auch nicht.
«Wir sind da auf einem Verbandsausflug in Tschechien. Mein Mann ist auch dabei – wir streiken also quasi gleichberechtigt.»