Die Post erfindet sich neu – und zieht dafür ins Altersheim
Das Wichtigste in Kürze
- Die Post muss zahlreiche Filialen schliessen und eröffnet stattdessen Agenturen.
- Neu werden diese Agenturen auch in Altersheimen und Seniorenresidenzen eröffnet.
- Damit kommt die Post ihren treusten Kunden entgegen.
Einst wurden ganze Dörfer um sie herum gebaut: Die Post. Sie brachte Nachrichten aus der Ferne und war das Portal hinaus in die Welt. Doch das ist lange her.
In der Zwischenzeit haben Computer, Mobiltelefone, Online-Banking und automatische Paket-Abholstellen die Post an den Rand gedrängt. Gefragt ist die Post meist nur noch bei den Senioren. Um zu bestehen, muss sie sich neu erfinden.
Die Post und ihre Partner
Immer öfter tut die Post das nicht in einer eigenen, sondern als Partnerfiliale. Mit anderen Worten: Die Post mietet sich ein.
In Quartierläden, Apotheken oder Buchgeschäften eröffnen Postschalter. Das ist praktisch, weil die Post so bereits vorhandene Infrastrukturen nutzen kann. Es macht aber auch abhängig.
Schliesst nämlich die Gast-Filiale, kommt auch der Postschalter weg. Das geschah nun äusserst kurzfristig am Berner Viktoriaplatz.
Anfang August wurden Anwohner darüber informiert, dass die Toppharm-Apotheke inklusive Postschalter verschwindet. Am vergangenen Freitag war es dann bereits so weit: Um 18.30 Uhr gingen die Lichter aus.
Für viele Anwohner ist der Gang zur nächsten Poststelle umständlich. Besonders für alte Menschen aber ist es mehr als das.
Briefe abgeben, Zahlungen machen, Geld abheben, Päckchen verschicken – das alles machen sie nicht online. Sie machen es am Schalter. Für sie ist er noch immer eine kleine Pforte hinaus in die Welt.
Ab ins Altersheim
Darum ist die Post auf der Suche nach einem neuen Partner. Eine Möglichkeit: Das Alterszentrum Viktoria. Anita Suter, Stellvertretende Direktorin der Altersresidenz, bestätigte gegenüber Nau Verhandlungen mit der Post.
Kommt der Deal tatsächlich zustande, wird damit eine neue Tendenz sichtbar. Statt ihre Kunden auf den Weg zu einer immer weiter abgelegenen Filiale zu schicken, mietet die Post sich dort ein, wo sie gebraucht wird. Bei den Senioren, nämlich.
Briefe aus dem Altersheim San Rocco
Das Alterszentrum Viktoria wäre dabei zwar ein Pionier, aber nicht der einzige. Das Altersheim San Rocco in Morbio Inferiore TI macht es bereits vor.
Der Empfang der Seniorenresidenz ist gleichsam der Postschalter. Junge Leute aus dem Dorf holen hier ihre Päckchen ab. Alte Menschen können ihre Briefe dank dem kurzen Weg selber aufgeben.
John Gaffuri, Leiter des Altersheims San Rocco, erläutert die Philosophie der Einrichtung: «Wir wollten einen generationsübergreifenden Begegnungsort schaffen.» Darum gibt es im Altersheim auch ein Restaurant. Und einen Ort für die Jüngsten Gesellschaftsmitglieder: Eine Kita. Indem sie zu denen ging, die sie noch wirklich brauchen, ist die Post wieder in der Dorfmitte angekommen.