Dutzende Schweizer Hausärzte unterschreiben Hilferuf

Antun Boskovic
Antun Boskovic

Bern,

Über 70 Hausärzte haben einen Hilferuf unterzeichnet. Sie fordern etwa eine Taskforce gegen den Personalmangel und mehr Ausbildungsplätze.

Hausarzt
Immer mehr Hausärzte sind am Limit. (Symbolbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • In vielen Gebieten herrscht akuter Hausärztemangel.
  • Hausärzte waren letztes Jahr mit einer so grossen Nachfrage konfrontiert, wie noch nie.
  • Deshalb schlagen nun über 70 Hausärzte in einem Brief Alarm.

Das Schweizer Gesundheitssystem ist immer mehr am Limit. Das macht sich auch bei Hausärzten bemerkbar. Denn auch hier herrscht in einigen Regionen – vor allem in ländlicheren Gebieten – ein akuter Personalmangel.

Sonja Eberhard, Hausärztin in Burgdorf BE, arbeitet manchmal sogar 70 Stunden in einer Woche. «70 Stunden arbeiten, das ist nicht mehr gesund», sagt sie dem «SRF». Man müsse aufpassen, dass man nicht ausbrenne.

Hausärzte
Die Hausärztin Sonja Eberhard arbeitet manchmal sogar 70 Stunden in einer Woche. - Screenshot SRF

Und damit ist sie nicht allein. Deswegen haben nun über 70 Hausärzte einen Hilferuf unterzeichnet. In diesem fordern sie etwa eine Taskforce gegen den Personalmangel, mehr Ausbildungsplätze und ein besseres Tarifsystem. Der Brief ging unter anderem an Gesundheitsminister Alain Berset.

Im Kanton Bern haben 60 Prozent der Ärzte einen Aufnahme-Stopp

Der Berufsverband der Schweizer Ärztinnen und Ärzte FMH erklärt in seiner neusten Publikation, dass Haus- und Kinderärzte 2022 mit so vielen Patienten konfrontiert waren, wie noch nie. Im Kanton Bern etwa arbeiteten 2020 insgesamt 972 Haus- und Kinderärzte.

Gemessen an der Bevölkerungszahl ist das zu wenig. In den nächsten Jahren dürften es noch weniger werden. Denn: 13 Prozent befinden sich eigentlich schon im Pensionsalter. Sogar 60 Prozent haben einen kompletten oder teilweisen Aufnahme-Stopp und können so gut wie keine Patienten mehr aufnehmen.

«Die Situation ist in der ganzen Schweiz ungefähr gleich», sagt der Berner Gesundheitsdirektor Pierre-Alain Schnegg. Der Kanton Bern mache schon viel und habe eines der grössten Praxisassistenzprogramme der Schweiz mit 45 Plätzen.

«Die 100 zusätzlichen Plätze an der Uni Bern tragen erste Früchte.» Damit werde man mehr Ärzte bekommen. Aber: «Es braucht ein bisschen Zeit.», so Schnegg.

«Bedingungen werden immer schlechter»

Am Institut für Hausarztmedizin der Uni Bern sei man sehr aktiv, erklärt Professor Sven Streit: «Die Studierenden gehen alle in eine Hausarztpraxis, auch wenn sie Psychiater oder Chirurgen werden möchten.» Die Praxisassistenz, die sie dort absolvieren, bereite sie optimal auf den Beruf vor.

Doch um den Personalmangel aus der Welt zu schaffen, müssten rund 40 Prozent der Studierenden Hausärzte werden. «Das ist viel, aber wir sehen in aktuellen Umfragen, dass 20 Prozent definitiv Hausärzte werden möchten. Weitere 40 Prozent seien zudem «sehr interessiert».

Haben Sie Probleme, einen Hausarzt zu finden?

Ein Problem im Hausärzte-Alltag sieht Streit im immer grösser gewordenen administrativen Aufwand. Wenn es nach ihm geht, müsste man das reduzieren. Hausärztin Eberhard spricht bei ihrem Beruf zwar von einer «erfüllenden Tätigkeit». Doch: «Die Bedingungen werden immer schlechter.»

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