Weniger Hürden für Haus- und Kinderärzte
Der Ständerat stimmt einem dringlichen Bundesgesetz zu. Diese ermöglicht bestimmten Ärzten bestimmte Abrechnungen durch die obligatorische Krankenversicherung.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Parlament will einer medizinischen Unterversorgung entgegenwirken.
- Kinder- & Hausärzte können neu mehr Leistungen zulasten der Krankenversicherung abrechnen.
- Der Ständerat stimmte einem dringlichen Bundesgesetz zu.
Hausärztinnen und Kinderärzte können neu unter bestimmten Voraussetzungen auch dann Leistungen zulasten der obligatorischen Krankenversicherung abrechnen, wenn sie noch nicht drei Jahre lang in einer anerkannten Schweizer Weiterbildungsstätte gearbeitet haben. Mit der Ausnahmeregelung will das Parlament einer medizinischen Unterversorgung in gewissen Bereichen entgegenwirken.
Als Zweitrat stimmte am Donnerstag der Ständerat einem entsprechenden dringlichen Bundesgesetz zu. Er fällte seinen Entscheid ohne Gegenstimmen.
Die Ausnahmeregelung ist bis Ende 2027 befristet. Ausgearbeitet hatte die Vorlage die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats (SGK-N). Den Anstoss dazu gab eine parlamentarische Initiative der Nationalratskommission.
Dreijährige Tätigkeitspflicht erst seit 2022
Konkret sieht der Entwurf vor, dass die Kantone Leistungserbringerinnen und -erbringer zulassen können, obwohl diese noch nicht die eigentlich gesetzlich vorgeschriebene dreijährige Erfahrung mitbringen. Möglich sein soll dies nach dem Willen der SGK-N in vier Bereichen: Der Allgemeinmedizin, der Kinder- und Jugendmedizin sowie der Kinder- und Jugendpsychiatrie respektive -psychotherapie.
Die dreijährige Tätigkeitspflicht gilt erst seit Anfang 2022. Sie betrifft ausländische Ärzte, die nicht in der Schweiz ausgebildet wurden. Ziel ist, dass die Betroffenen über die nötigen Sprachkenntnisse verfügen und mit den lokalen Gegebenheiten vertraut sind.
Grundsätzlich stelle man die Bestimmung nicht infrage, sagte Kommissionssprecher Erich Ettlin (Mitte/OW). Schon früh habe sich aber gezeigt, dass die heutige Formulierung unerwünschte Folgen habe. Sie erschwere es etwa Hausärzten, ihre Nachfolge zu regeln.
Natioanlrat-Entscheid über Dringlichkeit steht an
Der Bundesrat war mit dem Vorhaben grundsätzlich einverstanden. Die Ausnahmeregelung gelte nur befristet und stelle die Ziele der Qualitätssicherung und der Wirtschaftlichkeit nicht infrage, argumentierte er. Gesundheitsminister Alain Berset wies in der Debatte aber darauf hin, dass im ambulanten Bereich ein grösseres Angebot an Praxen fast automatisch höhere Kosten nach sich ziehe.
Charles Juillard (Mitte/JU) wollte Ausnahmen in allen Bereichen der Medizin zulassen. Er verwies insbesondere auf die schwierige Lage in Randregionen. Dort fehle es nicht nur an Allgemeinmedizinern, sondern auch an Spezialisten. Juillards Einzelantrag fand aber im Rat keine Mehrheit.
Der Nationalrat hatte die Vorlage bereits am Dienstag gutgeheissen. Sie geht dennoch nochmals in die grosse Kammer, da noch der Entscheid über die Dringlichkeit ansteht. Dieser dürfte jedoch eine Formalie sein.