Elektronische Stimmabgabe: Bund erlaubt Kantonen Versuche
Die Kantone dürfen künftig wieder Versuche zum E-Voting durchführen. Die elektronische Stimmabgabe seit jeher umstritten.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Kantone sollen wieder Versuche mit dem umstrittenen E-Voting durchführen dürfen.
- Der Bundesrat hat den Entscheid am Freitag gefällt.
- Die entsprechende Vernehmlassung wird 2021 durchgeführt.
Die elektronische Stimmabgabe soll in begrenztem Umfang wieder aufkommen. Die Kantone dürfen wieder Versuche mit dem sogenannten E-Voting durchführen. Zugelassen werden sollen nur noch vollständig verifizierbare Systeme. Damit sollen Manipulationen ausgeschlossen werden.
Den entsprechenden Entscheid über die Neuausrichtung des Versuchsbetriebs hat der Bundesrat am letzten Freitag gefällt. Die Bundeskanzlei informierte am Montag darüber. Dafür müssen die Verordnung über die politischen Rechte (VPR) und die Verordnung über die elektronische Stimmabgabe (VEleS) angepasst werden. Die entsprechende Vernehmlassung soll 2021 durchgeführt werden.
Im Juni 2019 hatte der Bundesrat entschieden, dass E-Voting vorläufig nicht als ordentlicher Stimmkanal eingeführt wird. Er hatte dies mit Sicherheitsproblemen begründet. Im Quellcode des Systems der Schweizerischen Post waren Mängel entdeckt worden, die auch das damals im Einsatz stehende System betrafen. Deshalb zog die Post ihr System zurück.
Ausserdem erklärte letztes Jahr auch der Kanton Genf, dass er sein System nicht mehr weiterentwickle und zurückziehe. Seitdem steht in der Schweiz kein E-Voting-System mehr zur Verfügung. Seit 2004 haben laut Angaben der Bundeskanzlei 15 Kantone über 300 Versuche mit der elektronischen Stimmabgabe durchgeführt.
In der Zwischenzeit haben die Behörden mithilfe von Experten einen möglichen neuen Versuchsbetrieb für die elektronische Stimmabgabe neu konzipiert. Dieser solle an die strengeren Sicherheitsanforderungen angepasst werden.
Elektronische Stimmabgabe soll verifizierbar und transparent sein
Mit der Neukonzeption ziehe der Bundesrat Lehren aus der bisherigen Versuchsphase, hiess es am Montag an der Medienkonferenz der Bundeskanzlei. Demnach soll der Bund künftig nur noch vollständig verifizierbare Systeme zulassen. Prüfberichte und die Ergebnisse des E-Voting-Stimmkanals sollen veröffentlicht werden. Die Überprüfung der Systeme und von deren Betrieb durch unabhängige Fachpersonen soll direkt im Auftrag des Bundes erfolgen.
Im Vordergrund der Neuausrichtung steht ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess und nicht mehr ein durch die Zertifizierung verkörpertes Gütesiegel. Dies ist dem Schlussbericht zur Wiederaufnahme der Versuche zu entnehmen.
Für künftige Systeme und Systembestandteile strebt der Bund die Publikation unter einer Open-Source-Lizenz an. Für bereits bestehende Systeme will er prüfen, ob einzelne Komponenten unter eine solche Lizenz gestellt werden könnten.
Eingeschränktes Elektorat
Ausserdem sollen in der nächsten Phase des Versuchsbetriebs in den Kantonen höchstens 30 Prozent aller Stimmberechtigten zum E-Voting zugelassen werden. National sollen es höchstens 10 Prozent sein.
Jeder Kanton soll weiterhin selber entscheiden können, ob er solche Versuche durchführen möchte. Auch die Beschaffung der Systeme soll weiterhin bei den Kantonen bleiben. Beim Bund bleiben die Regulierung und Bewilligung.
Ziel der nächsten Versuchsphase ist laut Bundeskanzlei die Etablierung eines stabilen Betriebs mit vollständig verifizierbaren Systemen. Die Systeme sollen weiterentwickelt und die Kontrolle und Aufsicht wirksamer gestaltet werden. So sollen die Transparenz und das Vertrauen sowie die Zusammenarbeit mit der Wissenschaft gestärkt werden.
E-Voting kann sich gemäss Bundeskanzlei langfristig nur bewähren, wenn die Bevölkerung dem elektronischen Stimmkanal vertraut. Die Massnahmen zur Neuausrichtung des Versuchsbetriebs sollen dieses Vertrauen stärken. Es gelte weiterhin «Sicherheit vor Tempo».