Der CO2-Fussabdruck sollte nicht die einzige Kennzahl sein, um die Umweltschädlichkeit einer Chemikalie zu bewerten, sagen Forscher der ETH Zürich.
Chemikalien
Über 99 Prozent der meistproduzierten Chemikalien verbrauchen mehr natürliche Ressourcen, als die Erde langfristig zur Verfügung stellen kann: Blick auf Anlagen des des Chemiekonzerns BASF. (Archivbild) - sda - KEYSTONE/AP/MICHAEL PROBST

Das Wichtigste in Kürze

  • Beinahe alle Chemikalien überschreiten eine der planetaren Grenzen.
  • Nur drei davon können als «grün» bezeichnet werden.
  • Deren Umweltschädlichkeit wird unter anderem durch den CO2-Fussabdruck berechnet.
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Um zu beurteilen wie «grün» eine Chemikalie ist, beruft sich die heute übliche Praxis auf den CO2-Fussabdruck. Dies ist die Verrechnung der Treibhausgasemissionen, die vom Rohstoff über die Produktion bis hin zur Entsorgung verursacht werden.

Der CO2-Fussabdruck einer Chemikalie reicht nicht aus, um ganzheitlich zu erfassen, wie ökologisch nachhaltig sie tatsächlich ist. Denn: Chemikalien, die höhere Treibhausgasemissionen verursachen, weisen nicht unbedingt einen höheren Grad an Umweltschädlichkeit auf.

Aber: Dieser Wert gibt nur begrenzt wieder, inwieweit die chemischen Produkte tatsächlich das Ökosystem Erde belasten. Zu diesem Schluss kommen Forscher der ETH Zürich.

Nur drei Chemikalien sind «grün»

«Der Klimawandel ist nicht das einzige Problem», sagte denn auch Javier Pérez-Ramírez, ETH-Professor für Katalyse-Engineering, gemäss einer Mitteilung seiner Hochschule. «Wenn wir uns nur auf Lösungen konzentrieren, die den CO2-Ausstoss senken, verlagern wir die Probleme womöglich in einen anderen Bereich.»

Gemeinsam mit seinen Kollegen hat Pérez-Ramírez deshalb die Umweltverträglichkeitsprüfung erweitert: Sie erstellten eine umfassende Ökobilanz für 492 Chemikalien durch die Brille von sieben planetarischen Grenzen, die niemals überschritten werden sollten. Dazu gehören neben Werten für den Klimawandel der Abbau der Ozonschicht oder die Versauerung der Ozeane.

In ihrer Studie kommen die Forscher zum Schluss: Die überwältigende Mehrheit der Produkte, nämlich 99,4 Prozent, sprengen mindestens eine der planetaren Grenzen. In einigen Fällen sogar um mehr als das 200-fache. Nur drei Chemikalien dürften als vollkommen «grün» bezeichnet werden.

Entsalzungsanlage
Ein palästinensischer Arbeiter überprüft eine Entsalzungsanlage, die auch vom UNICEF unterstützt wird. In solchen Anlagen sammelt sich mit Chemikalien belastete Salzlauge. - dpa

Demnach sollte der Kohlenstoff-Fussabdruck nicht die einzige Kennzahl sein, um den Grad an Umweltschädlichkeit eines Produkts zu bewerten. Dies, obwohl fossile Chemikalien die planetaren Belastungsgrenzen Klimawandel, Ozeanversauerung und Unversehrtheit der Biosphäre am deutlichsten überschreiten.

Noch werde das Kohlenstoff-Grundgerüst, aus dem die meisten Chemikalien bestehen, zu über 85 Prozent aus fossilen Rohstoffen gewonnen. Dies schrieb die ETH. Die Studie quantifizierte nun erstmals auf globaler Ebene, wie wichtig es sei, dass die chemische Industrie von den Fossilen wegkomme.

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